PhDr. Anna Mikulová

Ústav germanistiky, nordistiky a nederlandistiky

Filozofická fakulta Masarykovy univerzity

 
Diskurs- und Metaphernproblematik

(Anhand von publizistischen Texten aus Internet-Seiten, die das Thema der Gesundheit, bzw. der Krankheiten angehen)

 

Problematika diskursu a metafory

(Na základì publicistických textù z Internetu, jejichž tématem je zdraví, resp. nemoci)

 

Schlüsselwörter: Diskurs, Sachtext, publizistischer Text, Metapher,  Kreativität, Konnotation, Persuasion, Gesundheit, Krankheit.

 

Klíèová slova: diskurs, vìcný text, publicistický text, metafora, kreativita,  konotace, persvaze, zdraví, nemoc.

 

Annotation: Die Abgrenzung des breiten Terminus Diskurs wird zum Ausgangspunkt der semantisch-stilistischen Analyse von On-Line veröffentlichten Texten. In diesem Artikel wird weiter die Dichotomie literarische Texte vs. Sachtexte analysiert und der Status der als Untergruppe von den Sachtexten verstandenen publizistischen Texte behandelt. In den folgenden theoretischen Teilen werden die Termini Persuasion und Metapher in groben Umrissen festgelegt, wobei die Metapher-Definition von der angloamerikanischen Tradition der kognitiven Linguistik ausgeht, und das Augenmerk auf konzeptuelle und kreative Funktionen der Metapher gelenkt wird.

            Für Zusammensetzen des Korpus wird der thematische Aspekt ausschlaggebend, d.h. der Diskurs von Krankheit, bzw. Gesundheit in den On-Line veröffentlichten publizistischen Texten. Einerseits werden die für den jeweiligen Diskurs aussagekräftigen Lexeme und metaphorische Ausdrücke, anderseits die Beispiele der persuasiven und argumentativen Strategien gesammelt, eingestuft und kommentiert.

            Die Ergebnisse der Analyse werden unter dem Gesichtspunkt der Relevanz für den Diskurs bewertet; für seine wichtigsten Merkmale werden folgende Momente gehalten: die angenommene Übereinstimmung im Werten der thematisierten Sachverhalte durch Autor und Adressaten und  relativ wichtige Rolle von Tabu. Im Falle von den metaphorischen Ausdrücken, typischen Lexemen, sowie den Fachtermini wird das Wert auf die Konnotationen gelegt, und schließlich zeichnet sich im Hinblick auf die stilistisch-thematische Charakteristik in allen Texten die Tendenz zur Ausgewogenheit zwischen den negativ und positiv wirkenden Themen ab.

 

Anotace: Vymezení znaènì širokého termínu diskurs  je východiskem pro sémanticko-stylistickou analýzu publicistických textù zveøejnìných na Internetu. Èlánek dále rozebírá dichotomii literární texty versus texty vìcné a krátce pojednává o textech publicistických, jež jsou chápány jako podskupina vìcných textù. Dalšími teoretickými body je rámcové stanovení termínu persvaze a metafory, pøièemž definice metafory vychází z angloamerické tradice kognitivní lingvistiky a zájem autorky se soustøeïuje na konceptuální a kreativní funkci metafory.

            Pro sestavení korpusu bylo smìrodatné tématické hledisko, tedy diskurs zdraví a nemoci v nìmeckých a èeských publicistických textech zveøejnìných na Internetu. Analyzované doklady jsou rozdìleny na lexémy a metaforické výrazy mající v daném diskursu výpovìdní hodnotu a  na doklady  persvazivních a argumentaèních strategií.

            Výsledky analýzy jsou hodnoceny ze zorného úhlu relevance pro diskurs; za jeho nejdùležitìjšími momenty jsou pokládány: pøedpokládaná shoda v hodnocení tematizovaných skuteèností ze strany autora a adresáta, pomìrnì znaèná úloha tabu, u metaforických výrazù, typických lexémù a odborných termínù je kladen dùraz na konotace, a koneènì z hlediska stylisticko-tematického je u všech textù patrná snaha o vyváženost negativnì a pozitivnì pùsobících témat.

 

DISKURS- UND METAPHERNPROBLEMATIK

 

1. Begriffsabgrenzung

1.1.  Diskurs

            In der zweiten Hälfte des XX. Jhs. ist der Terminus Diskurs in der Linguistik fast zu einem Modewort geworden. Mit der Beliebtheit dieses Termins hängt freilich zusammen, dass er echt unterschiedlich aufgefasst wird. Die Diskurs-Problematik betrifft nämlich nicht die Sprache als System,  sondern es wird bei der Analyse  des jeweiligen Diskurses  die breit verstandene Rolle der Sprache in der Gesellschaft im Auge behalten. Als ein illustratives Beispiel der Diversität im Diskurs-Verstehen führen wir einige Definitionen an:

 

„Diskurs ist ein der angloamerikanischen Forschung übernommener Oberbegriff  für verschiedene Aspekte von Text; Diskurs als zusammenhängende Rede, als geäußerter Text (z.B. im Unterschied zu Text als formaler grammatischer Struktur);  Diskurs als kohärenter Text, Diskurs als vom Sprecher für einen Hörer konstituierter Text; Diskurs als Ergebnis eines interaktiven Prozesses im soziokulturellen Kontext.“ (BUSSMANN, 1990, 189)

 

            In der Sprachwissenschaft wird dieser Termin in der Regel mit dem aktuellen Vollzug der  Sprache, d.h. im Zusammenhang mit ihrer pragmatischen Dimension verwendet. Den Diskurs eines Textes determinieren verschiedene Regeln, die wir in Anlehnung an Jürgen LINK in zwei Gruppen zusammenfassen dürften: Erstens sind es die für alle Texte einer Textsorte, bzw. eines Genres geltenden Regeln, welche den Genotext-Diskurs konstituieren. Zweitens gibt es die Menge weiterer die konkrete Sätze des Textes definitiv bestimmender Regeln – der Phänotext-Diskurs. Dazu gehört alles, was die spezifische Syntax, den spezifischen Ton und Stil eines konkreten Textes charakterisiert (vgl. LINK 1974, 282).  In unserem Zusammenhang ist vor allem die Problematik des Phänotext-Diskurses von Belang,  die mit dem Genotext-Diskurs zusammenhängenden Fragen werden bloß am Rande erwähnt.

            Fazit: In jeder Diskursanalyse gilt es sowohl inhaltliche Schwerpunkte, wie auch typische sprachliche Eigenschaften der analysierten Texte zu berücksichtigen. Uns interessiert die Diskursanalyse der On-Line veröffentlichten, publizistischen Texte, welche die Thematik der Gesundheit bzw. Krankheit betreffen. Durch die Analyse der Belege sind wir bemüht nahe zu bringen, wie das angeführte Thema (der Diskurs der Gesundheit und Krankheit) in der Presse erkennbar wird.

 

1.2. Sachtexte und Publizistik

            Bevor man eine Analyse der Sachtexte vornimmt, welche unser Forschungskorpus ausmachen, ist es bestimmt sinnvoll zwei Fragen mindestens kurz zu erörtern: Erstens ist es die Frage nach dem Wesen der Sachtexte und zweitens, welchen sprachlichen Phänomenen die Aufmerksamkeit gewidmet werden soll. Es liegt auf der Hand, dass neben diesen beiden grundlegenden Fragen es noch festzulegen gilt, welcher Typ von Sachtexten den konkreten Korpus, aus dem bei der Analyse ausgegangen wird, ausmacht. Die Beantwortung dieser drei Fragen soll also der Ausgangspunkt unserer Erwägungen bilden.

            Bei der Bestimmung der Texte, welche unser Korpus ausmachen gehen wir grundsätzlich von der Dichotomie: Sachtexte als Oberbegriff für die nicht-literarischen Texte vs. literarische Texte aus. Das was in der Regel die Sachtexte von der literarischen unterscheidet ist die Tempusstruktur und Narrativik bei den literarischen Texten und das Fehlen beider dieser Momente bei den Sachtexten. Neben diesem grundlegenden Unterschied im Textaufbau, dürften wohl noch weitere unterscheidende Merkmale genannt werden: Einer der wichtigsten ist das Verhältnis zur Genre-Zugehörigkeit bei den literarischen Texten anderseits und das Verhältnis zur Textsortenzugehörigkeit anderseits. Ohne dass wir uns auf das Gebiet der Literaturtheorie wagen möchten, besteht kein Zweifel darüber, dass die Kategorie des literarischen Genres besonders in der modernen Literatur nur gewisse Rahmenbedingungen der jeweiligen Texte festsetzt und dass der „Spielraum“ des Autors bei der Gestaltung des konkreten belletristischen Textes relativ groß ist. Dagegen ist bei den Sachtexten der gesamte Charakter des einschlägigen Textes durch seine Textsorte vorbestimmt: Dies betrifft schon die äußere, graphische Gestaltung (das sog. Layout) dieser Texte, ihre Länge und im hohen Maße auch die sprachliche Gestaltung. Im Bereich der Sprache ist dies am auffälligsten im Wortschatz, wo der Anteil des jeweiligen Fachwortschatzes in der Regel hoch ist, und auch die lexikalischen Einheiten, die keine Fachtermini sind, mindestens zum thematischem Umfeld des entsprechendes Faches gehören, aus dem das konkrete Sachtext stammt. Dagegen liegt die Regie bei den literarischen Texten sowohl im Bereich des Wortschatzes, wie auch der grammatischen Form völlig in den Händen des Autors und die eventuellen Konventionen des Genres sind bloß die Tradition, mit der er fast beliebig umgehen kann. Man kann etwas vereinfachend sagen, dass bei der Gestaltung der literarischen Texten steht der Autor mit seiner schöpferischen Einbildungskraft im Vordergrund, bei den Sachtexten dagegen  bestimmen die Regeln der Textsorte die endgültige Form des Textes.[1]

            Mit dem Anteil des Autors an der endgültigen Form hängt auch der zweite wichtige Punkt zusammen, durch den sich die Sachtexte (und in hohem Maße auch die publizistischen Texte) von den literarischen Texten unterscheiden: Es geht um die Funktion der Sprache im Text.  Was die Sprachfunktion in Sachtexten angeht, möchten wir vom berühmten Bühlerschen Organon-Modell ausgehen; Bühler unterscheidet bekanntlich drei Sprachfunktionen: die Darstellung (falls auf das Denotat Wert gelegt wird), den Ausdruck (wenn der Sprecher im Zentrum steht) und den Appell (falls der Adressat aufgefordert werden solle). Die erste Sprachfunktion gilt fast für alle Äußerungen und Texte, einschließlich die Sachtexte; die Funktion des Ausdrucks macht in hohem Maße die Expressivität der Sprache aus, denn falls der Sender etwas über seine Gefühlslage durch den jeweiligen Text mitteilt, ist die Mitteilung expressiv. Diese Funktion ist für unsere Analyse wichtig, weil die expressiven Elemente einen Bestandteil unserer Forschung bilden. Bei vielen Sachtexten ist jedoch gerade die dritte Funktion, die des Appells, von Bedeutung: Manche Sachtexte – umso mehr gilt dies für die Publizistik – haben nämlich persuasive Funktion, und deshalb ist da die Mühe um Beeinflussung des Adressaten besonders spürbar. Abschließend dürfte gesagt werden, dass die Sprachfunktionen der Sachtexte durch die Funktion des jeweiligen Textes allgemein relativ eindeutig gegeben sind, während bei der literarischen Texten können seine Sprachfunktionen, je nach der Intention des Autors variieren.

            Über die publizistischen Texte dürfte man sagen, dass sie in der Mitte zwischen den Sachtexten und den literarischen Texten stehen. Einerseits gilt für sie, dass sowohl ihre äußere Gestaltung, wie auch ihr Inhalt je nach der entsprechenden publizistischen Textsorte relativ streng vorgegeben sind, anderseits ist auch ihr Autor wichtig, denn sein Spielraum relativ groß ist.           Sieht man von den ausgeschlossen informationsbetonten publizistischen Textsorten (Nachricht, Meldung, Bericht, und Wetterbericht - vgl. BURGER2 1990, 66ff) ab, gibt es eine Vielfalt von journalistischen Textsorten, die die Meinung ihres Autors ausdrücken, einen Sachverhalt bewerten, bzw. das Verhalten des Lesers beeinflussen sollen. (vgl. KIRWEL, 1996, 20ff). Der bekannteste Vertreter dieser Textsorte ist wohl der Kommentar. In allen publizistischen Textsorten, die eine Meinung äußern  und werten, ist die persönliche Einstellung des Autors zu beschriebenen Themen selbstverständlich wichtig.

 

1.3. Persuasion

            Nachdem wir in der theoretischen Einführung bemüht waren festzulegen, worin die Diskursproblematik im Allgemeinen besteht, sollen wir jetzt nahe legen, welche konkreten sprachlichen Phänomene uns im Hinblick auf den Diskursanalyse interessieren: Es geht u.a. um die Entwicklung zentraler Konzepte und Schlüsselworte, bzw. deren Definitionen, typische Metaphorik, implizite und explizite Argumentationsweisen und Sprachreflexivität (vgl. JUNG, 1999, 3). Unser Beitrag verfolgt das Ziel, den Diskurs der Gesundheits- bzw. Krankheitsproblematik sowie in der heutigen deutschen, wie auch der tschechischen  Online-Presse zu analysieren. Deswegen wenden wir eine besondere Aufmerksamkeit der Verwendung von folgenden Lexeme: gesund, Gesundheit, Gesundheitswesen, krank, Krankheit, Heilung, Wunder, AIDS, Krebs…, sowie der Metaphorik und persuasiven Strategien, die in der einschlägigen Texten festzustellen sind. Diese Phänomene dürften nämlich den zu analysierenden Diskurs beleuchten.

            Im Hinblick auf die Persuasions-  und Diskursproblematik haben wir interessante Bemerkungen bei Jochen REHBEIN gefunden: Es wird „die konstellationsspezifische Prozessierung des für Sprecher und Hörer gemeinsamen Diskurswissens bzw. für Autor und Leser gemeinsamen Textwissens koordiniert Eine solche Funktion von Matrix-Konstruktionen[2] wird … mit ,Interaktionskohärenz‘ bezeichnet.“ (REHBEIN, 2003, 57) So dürfte man die Persuasion folgend festlegen: Der Sprecher lenkt den Diskurs- bzw. Textverlauf, um  dem Hörer das Wissen  so darzustellen, damit er  es  nach dem Absicht des Verfassers interpretiere. Den Terminus ,Interaktionskohärenz‘ finden wir treffend, denn dieses Phänomen trägt wirklich dazu  bei, das der Diskurs, bzw. Text „zusammenhält“. Ein anderes wichtiges Moment im Hinblick auf die Persuasion ist das gemeinsame „Weltwissen“ des Autors und der Adressaten.  REHBEIN schreibt in diesem Sinne über das „im propositionalen Gehalt verbalisierten Wissen, das laufend eine textuelle Gemeinsamkeit  bei Autor und Leser herstellt“ (REHBEIN, 2003, 72). Diese Verbindung des Lesers- und Hörerswissens ist nicht nur eine Voraussetzung der erfolgreichen Kommunikation, sondern auch eine der Voraussetzungen der Persuasion,  denn „der Gelenkte“ – d.h. der Leser – muss mindestens einigermaßen die Bewertung des Sprechers teilen, um beeinflusst werden zu können.

            In diesem Beitrag geht es uns weiter noch darum, den Diskurs auch mit Hilfe der Analyse der in unseren Texten vorkommenden Metaphern näher zu beschreiben. 

 

1.4.Metapher

            Für das richtige Verstehen dessen, was hier unter dem Terminus Metapher überhaupt verstanden wird, müssen wir kurz darauf hinweisen, welche Metapher-Auffassung bei der Analyse der Texte überhaupt angewandt wird. Es geht uns um die Auffassung von Metaphern, welche aus der anglo-amerikanischen Tradition der kognitiven Linguistik Inspiration gewinnt (für den Überblick über den Reichtum und Vielfalt in der Auffassung der Metapher-Problematik weisen wir auf Olaf JÄCKEL, 2003 hin). Deswegen lassen wir die sonst an sich bestimmt anregende Diskussion über den Unterschied zwischen der lexikalisierten Metapher einerseits und der nicht-lexikalisierten Metapher anderseits beiseite. Aus demselben Grund wird bei der Korpus-Analyse auch das Gebiet der phraseologischen Forschung außer Acht gelassen.

            Um die Metapher-Auffassung der kognitiven Linguistik berechtigt applizieren zu dürfen, müssen wir zuerst den Status der (sowohl lexikalisierten, wie auch nicht-lexikalisierten) Metapher mindestens kurz darstellen. Wir sind bemüht, die an sich umfangreiche Problematik möglichst kurz darzustellen,  und deswegen verzichten wir auf die Diskussion über die Validität des zentralen Metapher-Konzeptes der kognitiven Linguistik und beschränken uns nur auf das Wesentliche.

            Olaf JÄKEL versuchte die Hauptaussagen der kognitiven Metaphertheorie in neun Einzelthesen zusammenzufassen (JÄKEL, 2003, 39). Für unsere Zwecke sind zwei von ihnen besonders wichtig: Erstens die sog. „Domänen-These“ und zweitens die „Kreativitäts-These“ (JÄKEL, 2003, 40 ff). In der Auffassung der kognitiven Linguistik dürfen die metaphorischen Ausdrücke nicht isoliert betrachtet  werden, sondern als „sprachliche Realisierungen konzeptueller Metaphern“ – vgl. ebd., Hervorhebung im Original). Die konzeptuellen Metaphern bestehen in der Verbindung zwischen  zwei konzeptuellen Domänen, „von denen die eine als Zielbereich (X) und die andere als Ursprungsbereich (Y) der metaphorischen Übertragung fungiert“ (JÄKEL, 2003, 40).  Wollen wir die Metapher modellhaft als X ist Y darstellen (ein berühmtes Beispiel wäre hier der Satz: „Der Mensch ist ein Wolf“, den Max BLACK[3] analysierte),  stellt „X“ den Ausdruck dar, der auf  bildliche Weise erklärt werden soll, d.h. ein Explanandum. Er stammt in der Regel aus einem abstrakten Bereich der Wirklichkeit, während das „Y“ als Explanans einem sinnlich wahrnehmbaren Gebiet der außersprachlichen Realität entnommen wird.

            Für die Deutung unseres Diskurses ist weiter die bei JÄKEL als „Kreativitäts-These“ bezeichnete Eigenschaft der Metapher von Belang. Es wird angenommen, dass keine Paraphrase die gesamte potenzielle semantische Dimension  des metaphorischen Ausdrucks vollständig auszudrücken vermag:

 

  „Hierin liegt der Grund für die Kreativität, welche die Metapher nicht allein im poetischen Diskurs entfaltet: In der alltäglichen Lebenswelt kann sie eingefahrene Denkmuster umstrukturieren. Und im wissenschaftlichen Kontext schließlich hat sie eine heuristische Funktion“. (vgl. ebd. S. 41, Hervorhebung im Original).

 

            Nach diesem längeren Exkurs über dem kognitiven Metapher-Konzept, fassen wir noch einmal das oben dargestellte in aller Kürze zusammen: Es geht uns in den konkreten Belegen einerseits um die Ursprungsbereiche der als metaphorisch zu deutenden Ausdrücke, bzw. Syntagmen, anderseits um die o. a. Kreativität der bildlichen Lexeme, bzw. Satzteile.

           

2. Korpusanalyse

In Folgendem werden einzelne Belege in drei Gruppen (2.1. Lexeme, 2.2. Metaphorische Ausdrücke, 2.3. Persuasion und Argumentation) analysiert. Sowohl bei der Zuordnung der Belege zu jeweiligen Gruppen, wie auch bei der Analyse selbst waren wir bemüht, den zentralen Diskurs (Gesundheit vs. Krankheit) dauernd zu berücksichtigen. Die Quellenangaben sind durchnummeriert (s. unten Quellen) und die einzelnen Belege sind immer mit der entsprechenden Ziffer in Klammern gekennzeichnet. Die tschechischen Belege hat die Autorin dieses Beitrags ins Deutsche übersetzt

 

2.1. Lexeme

1.        Professor Walter Gallmeier und Oberartzt Herbert Kappauf stehen nicht im Verdacht, Apologeten des kirchlichen Wunderglaubens zu sein; Gallmeier, 66, heute Präsident der Bayrischen Krebsgesellschaft, leitet die Krebsstation des Nürnberger Klinikums Nord, wo auch Kappauf arbeitet. (2, Seite 2)

Das Wort Krebs (sowie seine Wortfamilie) erwähnen wir in dieser Diskursanalyse, weil Krebs nicht nur eine der schwersten, sondern auch der am meisten befürchteten Krankheiten darstellt; aus diesem Grunde sind auch die mit diesem Lexem verbundenen Konnotationen von Belang, die uns auch der Kontext, in dem es vorkommt, nahe bringen könnten.

            In unserem Beleg kommt das Lexem Krebs in zwei Komposita vor: Krebsstation und Krebsgesellschaft, und zwar im Zusammenhang mit dem Vorstellen zweier Ärzte, die  Wunderheilungen gerade von Krebs bezeugen. Dieser Kontext ist typisch: Schon das bloße Vorkommen des Wortes Krebs, bzw. der entsprechenden Komposita a Derivate signalisiert etwas Ernsthaftes, man könnte wohl sagen, dass die erste Konnotation dieses Lexems Tod sei. Unser Beleg bekräftigt diese Annahme: Es geht nämlich um Wunderheilungen der von ärztlichen Sicht her hoffnungslosen Fällen. Man dürfte das Hinweisen gerade auf Krebserkrankungen als ein Pars pro Toto verstehen, nicht nur in dem Sinne, dass Krebs wirklich eine der schwersten Krankheit von heute ist, sondern auch aus dem Grunde – und das halten wir noch für wichtiger – dass er so von den meisten Lesern verstanden wird; man könnte sagen dass wenn die Rede über Wunderheilungen ist (und dies ist das Zentralthema des Artikels), liegt die Frage auf der Hand, ob solche Heilungen auch im Falle des Krebs bekannt sind. In diesem Kontext dürfte sogar über einem symbolischen Wert der einschlägigen Lexeme gesprochen werden.

 

2.        Die Bezeichnung Milzbrand geht auf die Beobachtung zurück, dass sich die Milz erkrankter Tiere verfärbt und wie verbrannt erscheint.

Die vor allem im englisch-sprachigen Raum verwendete Bezeichnung Antrax leitet sich vom lateinischen Namen der Milzbrand-Erreger ab, Bakterien der Spezies Bacillus antracis.

Deren Name bezieht sich wiederum auf das griechische Wort für Kohle, antracis, da es bei einer Infektion der Haut zur Bildung von schwarzem Schorf kommen kann. (4, Seite 2)

In diesem Beleg geht es um die Erklärung der Bezeichnung der Krankheit Milzbrand, dieses metasprachliche Anliegen soll vielleicht die unangenehmen Konnotationen der Fachtermini aus dem medizinischen Bereich mindestens teilweise eliminieren: Das Bekannte wirkt nie so bedrohlich wie das Undurchsichtige und Fremde.

            Es ist offensichtlich, dass jeder Zeitungsartikel den Lesern etwas mitteilen soll, manchmal ist diese Mitteilung mehr an einer Beeinflussung orientiert, manchmal geht es um eine Art Belehrung. In beiden Fällen haben wir allerdings mit der Persuasion zu tun, denn sowohl derjenige der „direkt“ beeinflusst wird (z.B. durch eine geschickte Argumentation), wie auch derjenige, der „nur“ belehrt, letztendlich will, dass der Adressat der Mitteilung seine Ansichten und Einstellungen teilt.

 

3.        Ménì èasto je bolest hlavy vyvolána nìjakým zánìtlivým onemocnìním, jako je zánìt vedlejších nosních dutin nebo mozkových blan, zvýšeným nitrolebním tlakem (napøíklad pøi nádorech mozku) nebo namáháním zraku.

Weniger häufig werden die Kopfschmerzen durch eine endzündbare Erkrankung wie die Entzündung der Nasenhöhle oder Gehirnhautentzündung, durch den erhöhten Druck in der Schädelhöhle (z.B. bei der Gehirngeschwulst) oder durch die Beanspruchung der  Sehkraft hervorgerufen. (5, S 1)

In diesem Beleg kommen mehrere sowohl die menschliche Anatomie, wie auch die menschliche Gesundheit bzw. Krankheit angehende Ausdrücke vor (hervorgehoben von mir). In der Übersetzung ins Deutsche habe ich absichtlich  die deutschen Varianten (z.B. Gehirngeschwulst statt Hirntumor) gewählt, weil im Original die tschechischen Varianten auch den lateinischen bevorzugt werden.  Meistens geht es zwar um Fachtermini, sie sind jedoch dem allgemeinen Wortschatz zuzurechnen (ihre Etymologie ist slawisch), d.h. dass sie dem „einfachen“ Adressaten zugänglicher sind, als es bei den lateinische Äquivalenten der Fall wäre, die im medizinischen Fachsprache üblich sind. Die Tatsache, dass man  die tschechischen Termini gewählte, hängt bestimmt mit der gesamten Orientierung des Textes zusammen, welcher den populär-wissenschaftlichen Charakter hat.

            Die Konnotation der behandelten Ausdrücke sind negativ, manchmal suggerieren sie sogar eine Bedrohung, wenn es  sich um eine besonders ernsthafte Krankheit handelt – z.B.: nádorech mozku (bei der Gehirngeschwulst). Es dürfte vorausgesetzt werden, die Aussagekraft dieser Sätze sei relativ hoch und sie wirkten eindringlich, obwohl da keine inhärent expressiven Lexeme vorkommen. Die Relevanz ist schon durch den Inhalt sichergestellt und sie muss nicht mit speziellen sprachlichen Mitteln unterstrichen werden.

 

2.2. Metaphorische Ausdrücke

1.      Eine verzweifelte Hoffnung. (2, Seite 1)

Dieser Beleg ist einem Artikel über die Wunderheilung in Lourdes entnommen. Es ist ein elliptischer Satz, der am Ende des Absatzes steht, in dem ein aus der medizinischen Sicht hoffnungsloser Fall beschrieben ist. Durch die knappe Form wird die Intensität der Aussage betont. Inhaltlich geht es um ein Paradoxon: die Verbindung zweier semantisch gegensätzlichen Lexeme steigert die Spannung des Textes.  Diese Verbindung ist zwar weitgehend lexikalisiert, beim Licht betrachtet geht es jedoch um eine Personifikation, d.h. Metapher.

2.      In diesem Moment aber durchfährt es den Kranken „wie ein Blitzstrahl von Kopf bis Fuß, wie ein elektrischer Schlag“. (2, Seite 1)

In diesem Beleg findet sich einerseits die lexikalisierte, bildliche Redewendung: von Kopf bis Fuß und dann zwei metaphorische Vergleiche: wie ein Blitzstrahl und wie ein elektrischer Schlag. Uns interessiert der semantische Ursprungsbereich, dem diese Metaphern entnommen sind: In beiden Fällen handelt es sich um das Gebiet der Elektrik; das bedeutet, dass die Konnotationen, mit denen es bei dem bildlichen Verwenden eines Ausdruckes immer zu rechnen gilt, etwas Schnelles, Leuchtendes und Starkes darstellen. Auf diese Weise wird die Dramatik des geschilderten Ereignisses – es handelt sich wohl um ein Wunder – gesteigert.

3.      Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind“, sagt Goethes Faust. (2, Seite 1)

Dieser metaphorische Spruch ist – wie allerdings im Text auch steht – ein Zitat von J.W. Goethe; es geht um eine nicht-lexikalisierte Metapher, die man mit voller Recht als poetische Metapher bezeichnen kann, mit derer Hilfe stilistische Geschliffenheit des Textes erzielt wird. Ein interessantes stilistisches Moment ist auch das Verwenden eines Zitats an sich: Man beruft sich dadurch implizit zur Autorität des Autors des einschlägigen Ausspruchs, was die Glaubwürdigkeit der Mitteilung bekräftigen soll. In diesem Sinne dürfte das Zitat-Verwenden zur persuasiven Strategien gezählt werden.[4]

 

4.      Da ist die Geschichte von Armin Schütz, den der Hautkrebs zerfraß, bis er im Traum den Zellen drohte: Wenn ich sterbe, sterbt ihr auch – und gesund werde. (2, Seite 2)

In diesem Beleg interessiert die bildliche Subjekt-Prädikat-Verbindung der Hautkrebs zerfraß. Diese Metapher ist zwar teilweise lexikalisiert, trotzdem ist sie expressiv, weil das Verb zerfressen inhärent expressiv ist. Nach Duden-Wörterbuch kommt das Verb zerfressen in der übertragenen Bedeutung  z.B. in den folgenden Verbindungen vor: „Kummer, Gram zerfrisst ihr das Herz (quält sie sehr)“, (Duden Deutsches Universalwörterbuch 1989, 1775). Vom onomasiologischen Gesichtspunkt aus ist das grundlegende semantische Merkmale des Verbs fressen „tierisch“. Das Duden-Stichwort führt zum Verb zerfressen in der übertragenen Bedeutung  ausschließlich Lexeme aus dem semantischen Bereich der negativen Gemütslage an. Daraus lässt sich folgern, dass der konzeptuelle Bereich von zerfressen, von dem bei der metaphorischen Übertragung auszugehen gilt, eher negativ belastete Vorstellungen beinhaltet. Das Syntagma der Hautkrebs zerfraß bestätigt diese Hypothese, denn auch die o. e. Konnotationen des Lexems Krebs eindeutig negativ sind.

            Der Beleg ist jedoch auch weiter nicht nur dank dem höchst bemerkenswerten Inhalt interessant, sondern auch im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung: Die Drohung, die in der direkten Rede ausgedrückt wird, wirkt besonders dramatisch und die Heilung, die als „Ergebnis“ bloß mit dem Gedankenstrich zugefügt wird, die Dramatik noch steigert; als ob man mit diesen syntaktischen (graphischen) Mitteln die Raschheit der Geschehnisse betonen möchte.

5.      Der Heidelberger Theologe Klaus Berger hält es sogar bedeutsam für die Zukunft des Christentums, „ob wir den Charme der sinnlichen Liebensbeweise Gottes wieder entdecken können“. Eine Chance für das Wunder: als anarchisches Gottesgeschenk. (2, Seite 2)

In diesem Beleg interessieren zwei bildliche Ausdrücke: Charme der sinnlichen Liebensbeweise Gottes und anarchisches Gottesgeschenk. Der erste stellt eine metaphorische Umschreibung des Glaubens an Wunder dar; dadurch dass da das Wort Charme verwendet ist, das vielmehr den weltlichen als religiösen Beigeschmack hat, wird die an sich ernsthafte Mitteilung lockerer und erhält für den Leser eine größere Anziehungskraft.

            Die metaphorische Wortverbindung anarchisches Gottesgeschenk stellt eine nicht lexikalisierte bildliche Bezeichnung des Wunders vor; das Wunder ist dadurch allerdings nicht nur bildlich benannt, sondern man ist bemüht, mit Hilfe dieser Metapher auch das Wesen des Wunders dem Leser nahe zu bringen.

6.      …genauso wie die aus dem Boden schießenden Verschwörungstheorien über ihren Ursprung.  (3, Seite 2 )

Dieser Beleg ist einem Artikel über AIDS entnommen, der sich u. a. auch mit der Geschichte der Rede über diese Krankheit beschäftigt. Es fällt hier die lexikalisierte metaphorische Wortverbindung aus dem Boden schießenden Verschwörungstheorien auf: Das Attribut aus dem Boden schießenden soll die Vielzahl und Unbestimmtheit des Ursprung der erwähnten Theorien zusammenfassen. Semantisch gesehen, werden da die Konnotationen aus dem Bereich von Pflanzen zur Geltung gebracht, über die das Verb „schießen“ verfügt.  Auch diese Metapher trägt zur Expressivität der Mitteilung bei. Dass das Kompositum Verschwörungstheorien ironisch zu verstehen ist, ergibt sich relativ eindeutig aus dem Kontext

 

2.3. Persuasion und Argumentation

1.        Die Rettung wider alle Wahrscheinlichkeit gehört zu den Grundhoffnungen der Menschen: Lieber Gott, mach eine Ausnahme. Mach, dass mein Wünschen hilft. (2, Seite 2)

In diesem Beispiel haben wir mit einer Argumentation zu tun: Im ersten Satz des Beleges spricht der Autor eine als allgemein zu akzeptierende Wahrheit vorgestellte Behauptung aus; man dürfte dieses Argument auch als ein Axiom verstehen. Nach diesem Satz, der den Ausgang für die Argumentation bildet, folgen zwei Sätze in der quasi direkten Rede. Man könnte sie als eine Art Zitat deuten: Derjenige, der da zitiert ist, ist jedoch keine bekannte Persönlichkeit, sondern „ein durchschnittlicher Mensch“, mit dem sich  der Leser wohl ohne weiteres identifizieren kann. Auf diese Weise wird auch in diesen zwei Sätzen eine allgemein gültige Wahrheit ausgesprochen. Die hier beschriebene Art der Argumentation kann man mit voller Recht als persuasiv bezeichnen, denn dem Autor geht es darum – u.a. mit den verwendeten Stilmitteln – den Leser über die Geltung der von ihm dargestellten Tatsachen zu überzeugen.

2.        Einmal traf er einen gelähmten Skirennfahrer. „In Lourdes lernte er, dass auch sein krankes Leben wertvoll ist“, sagt Leo. „Ist das ein kleineres Wunder als meins?“ (2, Seite 2)

Dieser Beleg ist wieder dem Artikel über die Wunderheilung entnommen. Er ist schon dank seiner Stellung im Rahmen des Textes wichtig: Es handelt sich nämlich um die abschließenden Sätze des Artikels. Daraus ergibt sich, dass man diese Mitteilung als eine Art  Botschaft des gesamten Artikels verstehen dürfte. Syntaktisch ist das Vorkommt der direkten Rede interessant; über die Bedeutung der Zitate war schon die Rede. Der genannte Leo ist die „Hauptfigur“ des Artikels, nämlich ein wundersam in Lourdes geheilte Benediktinermönch, dessen Fall allerdings  als das 57. Wunder von Lourdes erkannt wurde. Schon aus diesem Grunde kann seine Äußerung als ein wichtiges Argument im Sinne der gesamten Mitteilung gelten, mit dem sich der Autor des Artikels an seinen Lesern wendet. Der letzte Satz ist dazu noch rhetorische Frage; deren Funktion bekanntlich ist, in Form von Frage das zum Ausdruck zu bringen, wovon angenommen wird, dass damit auch die Adressaten der Frage einverstanden seien.

            Was den Inhalt  angeht, fällt eine gewisse Paradoxie der Mitteilung auf: Das kranke Leben, das doch wertvoll sei. Diesem Paradox dürfte man entnehmen, dass der Autor des Artikels bemüht sei, durch die Wahl dieser Äußerung  am Ende des Artikels, der sich mit den Wunderheilungen befasst, dem Leser nahe zu bringen, dass ein krankes Leben unter Umständen auch ohne Wunder wertvoll sein könne, denn – wie man wohl gut weiß – die Wunder geschehen leider nur selten. Bei Licht betrachtet, dürfte man den Schluss des Artikels als optimistisch bezeichnen. Diese Bilanz ist im Rahmen des Diskurses, der sich zwischen zwei Polen der Skala Gesundheit vs. Krankheit bewegt, gerade deswegen besonders wichtig,  da die Tatsache, ob die „Botschaft“ entweder positiv oder negativ gewertet werden sollte, im Hinblick auf die Tragweite des Themas für den Leser von Belang ist.

 

3.   Antibiotika: Zdaleka ne všelék! (1 Seite 3)

Antibiotika: Bei weitem kein Allheilmittel!

In diesem Beleg wird in der äußerst knappen Form eine Behauptung vorgestellt. Zur Nachdringlichkeit der Mitteilung trägt noch die Tatsache bei, dass der angeführte Satz den Titel des On-Line-Artikels bildet. Die Konnotationen von Antibiotika sind im Grunde genommen positiv, da die Medikamente doch heilen (und die Antibiotika sind als ein Hyponym des Hyperonyms Medikament allgemein bekannt). Gerade wegen dieser positiven Konnotationen steht die im zweiten Teil des Satzes ausgedrückte Ablehnung im krassen Gegensatz zum positiven Inhalt des Wortes Antibiotika. Die Ablehnung  wird in den beiden Sprachen mit Hilfe von verstärkenden Adverbien und  Lexemen der Verneinung ausgedrückt. Das Lexem všelék (Allheilmittel) dürfte man wieder als ein Hyperonym des Substantivs Antibiotikum lesen, stilistisch gesehen stellt dieses Kompositum jedoch eine Art Hyperbel dar und die hyperbolische Interpretation steigert noch die widersprüchliche Einwirkung des kurzen Belegs. Den Satz als Ganzes können wir als ein klares Beispiel der Argumentation deuten. Wichtig ist, dass seine Stellung auch das Wahrnehmen des gesamten mit ihm überschriebenen Artikels determiniert.

 

3. Schlussfolgerungen

            Zum Schluss möchten wir einige Konsequenzen aus dem von uns analysierten Sprachmaterial im Hinblick auf die Diskursproblematik ziehen. Im Voraus nehmen wir an, dass die die Fragen der Krankheiten, bzw. der Gesundheit betreffenden Artikel Themen enthalten, die von den Lesern für ernst gehalten werden. Als einen allen analysierten Artikeln[5] gemeinsamen inhaltlichen Zug dürfte man gewisse Strebung nach Gleichgewicht feststellen: Stünden da einerseits ernste und traurige, manchmal fast ausweglose Themen, muss ihnen gegenüber eine Hoffnung stehen; es darf nicht nur das Negative, sondern auch etwas Positives gesagt werden.

            Bei der Analyse der Belege haben wir die konkreten Sprachphänomene erforscht, bei dem Festlegen der  Schlussfolgerungen für den Diskurs sollte man jedoch bemüht sein, nicht nur die „Oberflächestruktur“ bildlich gesagt, sondern auch die „Tiefstruktur“ zu analysieren. An mehreren Stellen haben wir bei der konkreten Analyse die Konnotationen erwähnt: Man kann sagen, dass die Konnotationen in hohem Maße den jeweiligen Diskurs ausmachen. Bei den trockenen Texten, bzw. Textteilen sind es die mit den Fachterminen verbundenen Konnotationen, die das „Feedback“ auf den thematischen Schwerpunkt (Bedrohung durch die Krankheit) sicherstellen; in diesem Zusammenhang haben wir auch darauf aufmerksam gemacht, dass die an sich neutrale Fachtermini in den konkreten Texten mit Konnotationen „belastet“ werden. Man dürfte sagen, dass auf diese Weise immer der Adressatenbezug aufrechterhalten wird. Er ist allerdings ein wichtiges Moment des einschlägigen Diskurses: Man dürfte annehmen, dass jeder Diskurs über einen spezifischen Adressatenbezug verfügt. Im Falle unserer Texte könnte man diesen Adressatenbezug als das ständig stillschweigend zu akzeptierende, psychologisch motivierte Interesse der Leserschaft  an der Thematik charakterisieren. Dies wird nicht nur in dem Gesagten, sondern auch in  dem Nicht-Gesagten spürbar: Der Ernst der Thematik wird nur selten explizit benannt, er wird als ein Bestandteil der gemeinsamen Auffassung des gegebenen Diskurses – des gemeinsamen Texteswissens in der Terminologie REHBEINs – vorausgesetzt. Dieses gemeinsame Wissen, ist also in unserem Falle nicht nur eine gemeinsame Kenntnis gewisser Tatsachen sondern auch die angenommene gemeinsame Wertung des Sachverhalts. Die Voraussetzung, dass auch der Adressat die Wertung des Autors stillschweigend akzeptiert, ermöglicht es dem Autor, sein Werten nicht explizit zu formulieren.

            Über den Diskurs der Gesundheit (bzw. der Krankheiten) dürfte man sagen, dass er zwischen dem „guten“ Polen der Gesundheit und dem schlimmen Polen der Krankheit, im extremen Falle des Todes, oszilliere. Die Rolle des Todes in unserem Diskurs könnte man bestimmt lange diskutieren: Typisch ist, dass dieses Wort, das im Grunde genommen eines der wichtigsten Momente des gesamten Diskurses benannt, in den von uns analysierten Texten nur sehr selten vorkommt. Man dürfte in diesem Sinne vielleicht an gewisse – in der menschlichen Psyche bestimmt tief verwurzelten – Tabu-Gewohnheiten denken, die das explizite Verwenden dieses Wortes behindern. Diese kulturellen Konventionen bestimmen den Stil der Zeitungsartikel, falls es sich allerdings um seriöse Presse handelt, die Boulevard-Presse hat dagegen eine große Vorliebe für das explizite Nennen nicht nur des Todes, sondern auch verschiedenster Schrecken[6].

            Zur Metaphorik unserer Texte könnte zusammenfassend folgendes gesagt werden: Es kommen da sowohl lexikalisierten, wie auch nicht-lexikalisierten Metaphern vor. Nehmen wir mit LAKOFF und JOHNSON an, dass sich der Wortschatz teilweise durch ein Netz von konzeptuellen Metaphern strukturiert, muss dies auch für den jeweiligen Diskurs gelten. Es kann behauptet werden, dass auch die Metaphern zur oben genannten allgemeinen Neigung zum Gleichgewicht beitragen: Sie dienen, ähnlich wie überall, einer größeren Anschaulichkeit und Spannung der Texte, anderseits ist die Einwirkung der metaphorischen, d.h. indirekten Ausdrucksweise euphemistisch. Oft stehen die Metaphern in den argumentativen Teilen der Texte, da ihr bildlicher Charakter ideal für die Belehrung ist, die manchmal das eigentliche Ziel des entsprechenden Artikels ist.

            Für die argumentativen Strategien unserer Texte gilt, dass der Autor am meisten bemüht ist, eine Behauptung mit stichhaltigen Argumenten zu unterstützen, ohne dass er allzu sehr expressive Mittel verwenden würde; diese relativ ruhige Argumentationsweise dürfte mit der oben erwähnten gemeinsamen Einschätzung der behandelten Tatsachen zusammenhängen. Man muss nicht kämpferisch argumentieren, wenn er überzeugt ist, dass auch der Adressat seiner Äußerung im Grossen und Ganzen seine Ansichten teile.

            Zum Schluss sollten wir uns vielleicht die Frage stellen, was im Falle des Diskurses der Gesundheit (bzw. der Krankheiten) das gemeinsame Textswissen, die gemeinsame Plattform der Ansichten ausmacht. Als wir schon angedeutet haben ist es ein faktisches Wissen über die Problematik der Gesundheit (bzw. der Krankheiten), über die jeder durchschnittlicher Erwachsener verfügt, zweitens ist es die gemeinsame Wertung der Tatsachen. Das gemeinsame Werten ergibt sich wahrscheinlich daraus, dass der Gegensatz von Gesundheit und Krankheit alle Menschen betrifft und die wohl zentrale Frage der menschlichen Existenz nach dem Sinne des Lebens und Todes liegt nahe. Der enge Zusammenhang mit diesen Schlüsselfragen bestimmt auch die scheinbare Nüchternheit der sprachlichen Form der Texte, wo sich die Spannung mehr aus den Konnotationen als aus inhärent expressiven Lexemen und Stilmitteln ergibt. Diese – man muss betonen, dass bloß relative – Nüchternheit des sprachlichen Ausdrucks dürfte in den Zusammenhang mit der Rolle des „Nicht-Gesagten“  (manchmal auch mit der Wirkung des Tabus in diesem Bereich des menschlichen Daseins) in unseren Texten gebracht werden. Allerdings auch dieses „Nicht-Gesagte“ macht einen Teil der gemeinsamen Grundlage des Diskurses aus. Könnten wir annehmen, dass das „Zwischen-Zeilen-Lesen“ bei der Rezeption aller publizistischern Texte von Belang ist, gilt es in diesem Falle umso mehr, dass nicht nur das explizit Gesagte, sondern auch die impliziten Voraussetzungen und Konsequenzen für das Verstehen des einschlägigen Diskurses besonders wichtig sind.

                                                                                                                                                                    

 

Quellen:

DAÒKOVÁ, Dana (2004): Antibiotika: Zdaleka ne všelék! In: Žena.cz- Internetový magazín pro moderní ženu, 17.03.2004. 1

DROBINSKI, Matthias (2003): Die Hoffnung, die zur Wirklichkeit wird. In: sueddeutsche.de, 23.12.2003. 2

ENCKE, Julie (2003): Nur eine Krankheit der Anderen? In: sueddeutsche.de, 01.12.2003. 3

Biowaffen Milzbrand (2001): Die Krankheit und ihre Erreger. In: sueddeutsche.de, 17.10.2001. 4

Nemoci, In: Žena.cz- Internetový magazín pro moderní ženu, 17.03.2004. 5

 

LITERATUR:

BUSSMANN, Hadumod (1990): Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner

BURGER, Harald (21990): Sprache der Massenmedien. Berlin: de Gruyter

BÜSCHER, Hartmut (1996): Emotionalität in Schlagzeilen der Boulevardpresse. Frankfurt am Main: Lang.

DUDEN (1987): Duden Deutsches Universalwörterbuch. Mannheim: DUDEN-Verlag

JÄKEL, Olaf (2003): Wie Metaphern Wissen schaffen. Hamburg: Verlag Dr. Kovaè

JUNG, Matthias (1999): Linguistische Diskursgeschichte. Begriff und Methode am Beispiel  der Diskussion um die Atomenergie, In:http://www.lrzmuenchen.de/~Diskursanalyse/jung.html.

KIRWEL, Thomas (1996): Ausländerfeindlichkeit in der deutschen Presse. Hamburg: Verlag Dr. Kovaè

LAKOFF, George & JOHNSON Mark (1980): Metaphors We Live By. Chicago/London: The University of Chicago Press

LINK,  Jürgen (1974):  Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe. München: W. Fink

REHBEIN, Jochen (2003): Matrix-Konstruktion in Diskurs und Text. In: http://www.ualberta.ca/~german/ejournal/Rehbein 1.html

http://www.tg.ethz.ch/lehre/veranstaltungen/diskursanalyse/Beiträge/Venakis.htm,

 

Bibliografický údaj: MIKULOVÁ, A. Diskurs- und Metaphernproblematik. - pro sborník konference GeSuS (Gesellschaft für Sprache und Sprachen), 12.05. – 14.05 2004, Szombathely, Maïarsko. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1] Man könnte einwenden, dass auch die Sachtexte ihren „Autor“ haben müssen, was selbstverständlich wahr ist. Uns geht jedoch um die den Autoren zur Wahl stehenden „Möglichkeiten“, welche völlig unterschiedlich sind. Charakteristisch ist auch, dass der Name des Autors bei manchen Sachtexten überhaupt nicht angeführt ist. Das gilt auch für die On-Line-Publizistik.

[2] Der Terminus  ,Matrix-Konstruktion‘ bedeutet für REHBEIN den Komplex grammatischer Mittel, mit welchen mentale und interaktionale Prozesse in die Sprechsituationen integriert weden. (vgl. REHBEIN, 2003: 1ff)

[3] Vgl. Max BLACK (1962):  Models and Metaphers. New York: Ithaca. zitiert  nach  JÄKEL, 2003.

[4] Wir analysieren diesen Beleg  im Rahmen der metaphorischen Ausdrücke und werden ihn im Hinblick auf die Persuasion nicht mehr erwähnen, obwohl es sich hier um die Persuasion handelt.

[5] Es wurden mehrere On-Line-Artikel, beider Sprachen erforscht; im Hinblick auf den Umfang des Beitrags haben wir nur die auffallendsten Beispiele in den Korpus einbezogen.

[6] Wir machen in diesem Zusammenhang auf  BÜSCHER, Hartmut (1996) aufmerksam. Sein Buch ist dem Assozionsbereich Tod, d.h. der Thanatisierung in den Schlagzeilen der BILD-Zeitung gewidmet.