Filozofická fakulta Masarykovy univerzity
Schlüsselwörter: Sachtext, Fachtext, Fachwortschatz, Metapher, Dekodierung, Syntax,
Textlinguistik, Fremdsprachenunterricht, Zeitgeist
Klíèová
slova: vìcný text, odborný text, metafora,
dekódování, syntax, textová lingvistika, cizojazyèné vyuèování, duch doby.
Annotation:
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem
Wesen der Sachtexte (bzw. Fachtexte). Es werden zuerst die Sachtexte unter dem
linguistischen Gesichtspunkt
dargestellt, wobei besondere Aufmerksamkeit dem Begriff „Fachwortschatz“
und „Fachwort“ gewidmet ist; kurz wird
auch die Nominal- bzw. Realdefinition in den metasprachlichen Teilen in
Fachtexten erwähnt. Im Folgenden wird die Metaphernproblematik von Fachwörtern
behandelt und der Prozess der Dekodierung von metaphorischen Ausdrücken im
Sachtexten diskutiert. Weiter werden die wichtigsten Eigenschaften der
Sachtexte unter dem syntaktischen und textlinguistischen Aspekt dargelegt. In
einem selbständigen Abschnitt setzt sich die Autorin mit der Problematik der
Verwendung von Sachtexten im Fredsprachenunterricht, bzw. im Daf auseinander.
Zum Schluss wird noch der Umstand erwähnt, dass manche Sachtexte ein wertvolles
Zeugnis von Zeitgeist ablegen können.
Anotace: Èlánek se
zabývá podstatou vìcných resp. odborných textù. Nejprve pøedstavuje vìcné texty z lingvistického
hlediska, pøièemž je vìnována zvláštní
pozornost pojmu odborná slovní zásoba a odborný název; krátce je rovnìž zmínìna
nominalistická a realistická definice v metajazykových èástech vìcných
textù. Dále se èlánek zabývá
problematikou metaforiky odborných výrazù a procesem jejich dekódování ve
vìcných textech. V další èásti jsou pøedstaveny nejdùležitìjší vlastnosti
vìcných textù z hlediska syntaxe a textové lingvistiky.
Zvláštní
oddíl vìnuje autorka problematice využívání vìcných textù ve výuce cizím
jazykùm, resp. ve výuce nìmèiny, a na závìr se zmiòuje o tom, že vìcné texty
mohou být cennými svìdky ducha urèité epochy.
0.
Vorbemerkungen
Was das Wesen der Sachtexte ausmacht? In
der einschlägigen Fachliteratur wird in der Regel zwischen den narrativen und deskriptiven Textformen
unterschieden (vgl. FRANZ, 1997, 121 ff.).
FRANZ geht hier von verschiedenen Konzepten aus, welche er vergleicht
und kritisch beurteilt. Während für die narrativen Texte die Tempusstruktur von
Belang ist, sind für die anderen die temporalen Verhältnisse nicht
ausschlaggebend. Was die Rolle des Tempus bei den narrativen und nicht-narrativen
Texten angeht, kann es auch davon ausgegangen werden, dass für die narrativen
Texte die Vergangenheitstempora (vor allem das Präteritum) typisch sind,
während für die nicht-narrativen das Präsens, das wir als das „merkmallose“
Tempus auffassen dürften; dies hängt mit der „atemporalen“ Struktur dieser Texte zusammen.
WERLICH unterscheidet weiter die
nicht-narrativen Textsorten je nach dem, was für den Sprecher als für den
jeweiligen Typ als konstitutiv anzusehen ist: neben der Narration, wo –
als schon bemerkt worden war – Geschehen in der Zeit am wichtigsten sei, liegen
bei der Deskription Erscheinungen
im Raum im Zentrum der Aufmerksamkeit, im Falle der Exposition gehe es auf die Komposition bzw., Dekomposition
von begrifflichen Vorstellungen an, bei der Argumentation haben wir es mit der Relationen zwischen Begrifflichen
Vorstellungen der Sprecher zu tun und schließlich bei der Instruktion wird das Augenmerk
auf zukünftiges Verhalten des Hörers gerichtet (vgl. WERLICH, 1971, 121).
In unseren Erörterungen, wo wir
vorhaben, das Phänomen der Sachtexte genauer vorzustellen, werden wir keinen
Unterschied zwischen den Begriffen Sachtext und Fachtext machen, wir verwenden
diese zwei Termini weitgehend synonym. Es liegt auf der Hand, man könnte
zwischen ihnen eine Trennungslinie ziehen, es ist jedoch für die Zwecke unserer
Abhandlung nicht notwendig, und deswegen verzichten wir auf diese feine
Unterscheidung.
Nachdem wir eine völlig allgemeine
Charakteristik dessen, was wir unter dem Begriff Sachtext verstehen, vorgelegt
hatten, möchten wir einige Schwerpunkte
behandeln, die für die Sachtexte von dem linguistischen Gesichtspunkt her von
Belang sind. Man muss – ähnlich wie bei allen anderen Texten – die einzelnen
Sprachebenen im Auge behalten: während sowohl die phonologische, wie auch die
morphologische Ebenen in unserer Analysen weitgehend außer Acht gelassen
werden, ist für uns die Ebene des Wortschatzes der entsprechenden Texte sehr
wichtig und zugleich werden wir bemüht sein, den grammatischen Bau dieser Texte
(d.h. vor allem ihre Syntax und bzw. auch die Morphologie) vorzustellen. Der Charakteristik von Sachtexten unter dem
Gesichtspunkt der Textlinguistik werden wir ein selbständiges Kapitel widmen.
Zuerst möchten wir unsere Aufmerksamkeit dem Wortschatz zuwenden
1.1.
Wortschatz
Man sollte zuerst versuchen, eine
Definition des Wortschatzes vorzulegen; Thorsten ROELCKE ist bemüht eine
Definition des Fachwortschatzes zu formulieren: „Ein Fachwort ist hiernach die kleinste bedeutungstragende und zugleich
frei verwendbare sprachliche Einheit eines fachlichen Sprachsystems, die
innerhalb der Kommunikation eines bestimmten menschlichen Tätigkeitsbereich im
Rahmen geäußerter Texte gebraucht wird. Und ein Fachwortschatz ist die Menge
solcher kleinster bedeutungstragender und zugleich frei verwendbarer
sprachlicher Einheiten eines fachlichen Sprachsystems, die innerhalb der
Kommunikation eines bestimmten menschlichen Tätigkeitsbereich im Rahmen
geäußerter Texte gebraucht werden“ (ROELCKE, 1999, 51-52). Wir haben schon
bemerkt, dass wir den Terminus Sachtext durchaus synonym mit dem Fachtext,
und somit dürfte diese „strukturalistische“ Definition vom Fachwort
unseren Zwecken gut entsprechen.
Neben der
Definition des Fachwortes, bzw. des Fachwortschatzes bringt ROELCKE auch einen
Entwurf der Einteilung der Lexik in Fachtexten: er gliedert den Wortschatz in
vier Gruppen – die des sog. intrafachlichen
Wortschatzes (d.h. solche Worte, die ausschließlich der betreffenden
Fachsprache angehören); zweitens gibt es den sog. interfachlichen Fachwortschatz (d.h. solche Ausdrücke, die sowohl
in dem betreffenden als auch in anderen fachsprachlichen Systemen vorkommen);
drittens spricht er über den sog. extrafachlichen
Wortschatz (d.h. die Worte, die anderen fachsprachlichen Systemen
zugehören, aber dennoch in Fachtexten des gegebenen Faches geäußert werden) und
als die vierte Gruppe wird der sog. nichtfachlicher
Wortschatz genannt (d.h. die allgemeinen und fachlich nicht weiter
geprägten Wörter), (vgl., ebd., 52). Diese Einteilung des Fachwortschatzes ist
für unsere Zwecke von Belang, denn sie eine linguistische Analyse des
Wortschatzes der Texte ermöglicht, wobei auch unter dem didaktischen
Gesichtspunkt diese Gliederung ihre Berechtigung hat, denn sie ist ein Ausgangspunkt
für die Darstellung des Fachwortschatzes im Fremdsprachenunterricht.
Nachdem wir bemüht
waren, die allgemeine Charakteristik des Fachwortes bzw. –Wortschatzes
vorzulegen, möchten wir nun eine genauere Definition dieses Phänomens anbieten.
Der von uns zitierte Autor ROELCKE bemerkt, dass zu den wichtigen Merkmalen von
Fachsprachen die metasprachlichen Äußerungen gehören (ROELCKE, 1999, 53). ROELCKE
schreibt in diesem Zusammenhang auch über zwei grundlegenden Typen von
Definitionen: es sind die Nominal- und Realdefinitionen. Die Nominaldefinition
bringt die sprachliche Festlegung einer sprachlichen Bedeutung, während die
Realdefinition die sprachliche Festlegung eines übereinzelsprachlichen Begriffs
beinhaltet (vgl. ROELCKE, 1999, 54). In diesem Zusammenhang sind auch die zwei
Sprach- bzw. Fachsprachauffassungen von Belang, von denen die entsprechenden
Definitionen ausgehen; die Nominaldefinition entspricht der Sprachauffassung,
nach der die konkrete Sprache das Wahrnehmen der Welt durch den Menschen
weitgehend determiniert; die Realdefinition dagegen setzt diejenige
Sprachauffasung voraus, nach der die
außersprachliche Wirklichkeit die
menschliche Sprache selbst bestimmt. Diese zwei unterschiedlichen
Sprachauffassungen sind in unserem Zusammenhang in dem Sinne bedeutend, dass
man sich bei der Analyse des Sprachmaterials in der Regel für die eine oder die
andere Konzeption entscheiden muss. Es dürfte jedoch zugegeben werden, dass man
in der Regel zwischen den beiden
Extremen in der Auffassung der Sprache oszilliert und sich je nach dem
konkreten Charakter des besprochenen Denotats und Designats der einen oder
anderen Pole zuwendet.
Nach dieser definitorischen
Festlegung des Fachwortes und Fachwortschatzes möchten wir einige wichtigen
Merkmale dieser Erscheinung aufzählen. Es wird allgemein vorausgesetzt, dass zu
den wichtigsten charakteristischen Zügen eines Fachwortes seine Exaktheit
gehöre. Unter der Exaktheit wird der möglichst eindeutige Bezug des
fachsprachlichen Ausdrucks zu seinem Denotat verstanden. Neben diesem Bezug ist
für die Exaktheit des Fachwortes noch ein Moment von Belang: diese Exaktheit
ergebe sich nämlich nicht nur aus der Stellung des entsprechenden Fachausdrucks
im Rahmen des Systems des Fachwortschatzes, sondern auch aus dem richtigen
Wortgebrauch im Fachtext. Durch diesen Gebrauch befreit sich der entsprechende
Fachausdruck von seiner Allgemeinheit und enthält die gewünschte Exaktheit.
Fast jeder Fachausdruck verweist nämlich einen gewissen Grad an Vagheit und
gerade diese Vagheit wird das Fachwort erst durch den richtigen Gebrauch in dem
entsprechenden Kontext des Fachtextes
los.
Mit der besprochenen Problematik
hängt auch die Frage der fachsprachlichen Polysemie und Synonymie eng zusammen.
In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass sowohl die Polysemie, wie
auch die Synonymie in den Fachtexten zu den regelrechten Erscheinungen gehören,
obwohl dies vielleicht auf den ersten Blick in einem gewissen Gegensatz zu der
gewünschten Eindeutigkeit der Fachausdrücke steht. Dies hängt einerseits mit
dem steigernden Bennenungsbedarf innerhalb einzelner Fächer, anderseits mit den
verschiedenen Kommunikationstypen oder Textsorten und nicht zuletzt mit den
assoziierenden Bedeutungen zusammen (vgl. ROELCKE, 1999, 66).
Obwohl wir die
Bedeutung des Kontexts für die Festlegung des Fachwortes betont haben, sollte
hinzugefügt werden, dass für die Exaktheit, bzw. Eindeutigkeit des
Fachausdruckes seine Autonomie von Belang ist. Unter dem Begriff der Autonomie
wird die Unabhängigkeit des Fachwortes von dem Kontext verstanden, die ihm
ermöglicht, in verschiedenen Kontexten mit dem gewünschten Grad der Exaktheit
und Eindeutigkeit aufzutreten.
1.1.1. Metaphorik von Fachwörtern
Man hat lange Zeit Verwenden von Metaphern im Bereich der
Faxtexte für unangebracht gehalten, denn die Bedeutung von Metaphern nicht
bereits im Sprachsystem gegeben sei, sondern erst im Kontext deutlich werde.
Man dürfte hier jedoch einwenden, dass es ausgesprochen fachsprachliche
Metaphern gibt, die nicht kontextabhängig sind. Man dürfte an dieser Stelle das
inzwischen klassisch gewordene, der Metapherproblematik gewidmete Werk Metapher we live by von LAKOFF und
JOHNSON erwähnen, wo die Autoren bemüht sind zu beweisen, dass Metaphern das
gesamte sprachliche Darstellung der Wirklichkeit durchdringen; der Bereich von
Fachsprachen bildet da offensichtlich keine Ausnahme. J. BENEKE macht darauf
aufmerksam, dass uns die Beschäftigung mit Metaphern zu
kognitionspsychologischen und sprachanalytischen Fragestellungen führt, bzw. zu
der Frage, ob unsere Sprache unsere Erkenntnisse steuert – die diese Frage
bejahende Auffassung der Sprache ist in
der Linguistik unter dem Namen Sapir-Whorf-Hypothese bekannt (BENEKE, 1988,
199). Diese Fragen führen uns allerdings zurück zu der Unterscheidung der
Nominal- und Realdefinition und zur daraus folgenden Sprachauffassungen.
BENEKE beschäftigt sich in
seinem der Problematik der Metaphorik gewidmeten Beitrag der Frage der Dekodierung
von Metaphern (vgl. BENEKE, 1988, 201). Bei
der Dekodierung einer Metapher gibt es für den Hörer grundsätzlich zwei
Situationen: Erstens handelt es sich um eine lexikalisierte Metapher, in diesem
Falle entschlüsselt man sie wie bei anderen lexikalischen Einheiten, d.h. dass
man dem metaphorischen Designat das entsprechende Denotat zuteilt; falls es
sich jedoch um eine nicht lexikalisierte Metapher handelt, muss der Hörer/Leser
die Beziehung zwischen dem metaphorischen Designat und dem entsprechenden Denotat
wirklich selbst dekodieren. BENEKE führt in diesem Zusammenhang ein Beispiel
von K. BÜHLER, wo die – allerdings auch lexikalisierte – Metapher „Salonlöwen“ erörtert wird. Nach BÜHLER
bestehe die Dekodierung in der aktiven Hypothesenbildung des Hörers, der bemüht
sich eine plausible Erklärung der Metapher festzulegen (vgl. BENEKE, 1988,
201). Bei den Metaphern in Fachtexten ist die ganze Situation umso
komplizierter, dass die erfolgreiche Dekodierung in hohem Maße mit den
Fachkenntnissen des Hörers/Lesers zusammenhängt. Das gleiche gilt auch für die
Problematik der metaphorischen Fachtexte im Fremdsprachenunterricht.
Wir gestatten uns das von uns
schon zitierte klassische Werk über Metapher – Mataphors we live by – noch einmal zu erwähnen. Die LAKOFFs und JOHNSONs Definition der Metapher ist
sehr breit: „The essence of metaphor is
understanding and experiencing one kind of thing in terms of another“, (LAKOFF/
JOHNSON, 1980, 12). Die Metaphern sind sehr wichtig
für Erkenntnisprozesse und bestimmen in hohem Maße das gesamte Wahrnehmen der
Welt. Diese Metaphertheorie entspricht wohl gut der Auffassung der Sprache als
Filter, der das Wahrnehmen der Wirklichkeit bestimmt. Auch die Konzeption
LAKOFFs und JOHNSONs behauptet im Prinzip, dass unser gesamte Erkennen und
Wahrnehmen der Welt in einem Metaphergefüge verankert sei. Im gewissen Sinne
könnte man anerkennen, dieses Gefüge kann das Verstehen von Fachtexten erleichtern, gerade wenn in diesen Texten
Metaphern vorkommen, die nicht den Sinn des Textes verschleiern, wie man lange
geglaubt hatte, sondern ihn im Gegenteil verständlich und anschaulich machen.
Es liegt auf der Hand, dies sollte im Fremdsprachenunterricht benutzt werden.
Gerade dank ihrer wichtigen
Rolle in der menschlichen Psyche können jedoch Metaphern auch gefährlich sein.
BENEKE führt das Beispiel der DARWINs Metapher des „Überlebens des
Tüchtigsten“, die später aus dem Bereich der Biologie auf den des sozialen
Lebend übertragen wurde, und für die rassistischen Theorien des Nationalsozialismus
missbraucht wurde (vgl., BENEKE, 1987, 204). Solche verheerende Macht kann die
Sprache haben. Uns interessieren die Metaphern in Fachtexten, hier ist die
Situation umso gefährlicher, dass man an die „Objektivität“ dieser Texte
glaubt, und die in ihnen vorkommenden Metaphern viel „wörtlicher“ versteht als
z.B. die Metaphern in den dichterischen Texten (vgl. das Darwin-Beispiel).
ROELCKE führt das für
unseren Zusammenhang interessante Beispiel der Sprache der Technik an, wo die
entsprechenden metaphorischen Ausdrücke dreier Modellen entnommen werden: dem
menschlichen bzw. tierischen Körper; der menschlichen Psyche und Intelligenz
und schließlich der Alltagsmechanik (vgl. ROELCKE, 1999, 68-69). Man könnte in diesem Sinne den verschiedenen
Fachsprachen die verschiedenen Metaphernbereiche zuteilen. Dieses Moment des
Fachwortschatzes ist bestimmt auch für den Fremdsprachenunterricht interessant,
denn gerade in diesen Metaphernbereichen der einzelnen Fachsprachen können
wesentliche Unterschiede zwischen den Sprachen bestehen.
1.2. Grammatik der Sachtexte
Während
der Fachwortschatz, bzw. die Fachmetaphorik
zu charakterisieren leicht fällt, und man könnte darüber vielmehr sagen,
als wir es getan haben, sind nach ROELCKE: „Fachliche
Spezifika auf der Ebene der Grammatik demgegenüber deutlich weniger präsent und
wurden dementsprechend von wissenschaftlicher Seite bislang verhältnismäßig
selten untersucht“ (ROELCKE, 1999, 71).
Die für die Fachtexte typischen grammatischen Erscheinungen sind die
Infinitivkonstruktionen, Partitipialkonstruktionen, Elipsen, Appositionen,
Aufzählungen und Asyndese, die mit einer Senkung der Gliedsatzkomplexität und
einer Erhöhung der Satzgliedkomplexität einhergehen und nicht zuletzt valenzspezifische Verbformen (vgl. ROELCKE,
1999, 84). Man muss jedoch in diesem Zusammenhang bemerken, dass der Umstand,
der das Festlegen von typischen grammatischen Strukturen sehr schwierig macht,
ist die Tatsache, dass wir den Terminus „Sachtext“
in unserer Konzeption sehr breit auffassen; für eine genauere Analyse der
Grammatik wäre es notwendig, die einzelnen Textsorten von Sachtexten genauer
einzustufen.
Diese grammatischen
Erscheinungen gelten wie bekannt als typisch für den sog. Wissenschaftlichen
Stil. Man dürfte auch bemerken, dass man bemüht sein sollte, mit diesen
grammatischen Konstruktionen die Schüler in DaF sowohl theoretisch, wie auch
praktisch bekannt zu machen, so dass sie sie sowohl passiv, als auch aktiv zu
beherrschen vermögen.
2.
Sachtexte unter dem Gesichtspunkt der Textlinguistik
In den Sachtexten erkennt man ähnliche
Textmerkmale wie bei anderen Texten: Kohäsion, Kohärenz, Intentionalität,
Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität. Bei der Kohäsion handelt es sich um den
formalen Zusammenhang, um den funktionalen Zusammenhang bei der Kohärenz. Diese Zusammenhänge finden
sich auf verschiedenen Ebenen, d.h. einerseits zwischen verschiedenen Sätzen
oder Bildeinheiten (Textmikrostruktur)
und anderseits zwischen Einheiten, die jeweils aus mehreren Sätzen oder
Bildsequenzen bestehen (Textmakrostruktur),
(ROELCKE, 1999, 87).
2.1. Makrostruktur
Die formale Gesamtheit des Textes stellt
lineare Folge von Texteinheiten dar, die insgesamt eine hierarchische Struktur
bilden. Zu den charakteristischen Merkmalen der Makrostruktur von Fachtexten
gehören u. a. Anmerkungen und Fußnoten, wörtliche und sinnengemäße Zitate,
Titel und Untertitel sowie Textverweise; des weiteren Abstracts und
Zusammenfassungen, Inhalts-, Literaturverzeichnisse. Wichtig sind auch solche
Einheiten auf Wort-, Satz- oder Textebene, welche den Beginn und den Schluss
des Textes, bzw. der Texteile signalisieren (ROELCKE, 1999, 91).
Ebenso charakteristisch für die
Makrostruktur von Fachtexten sind die typographischen Merkmale: z.B.:
Unterstreichen oder Kursiv-Schreiben zur Hervorhebung, Kapitälchen- oder Großbuchstabenschreiben,
bzw. Fettdruck bei den Eigennamen oder Werktiteln.
2.2. Mikrostruktur
Für die Mikrostruktur eines Fachtextes –
ähnlich wie bei anderen Texten – ist die Unterscheidung zwischen Thema und Rhema von Belang. Unter dem Thema wird in den
Fachtexten das Bekannte, bzw. Vorerwähnte verstanden, während unter dem Rhema
das Unbekannte, bzw. das Noch-nicht-Erwähnte. Es gibt verschiedene Modellen der
Thema-Rhema-Folge: am einfachsten ist dabei die Folge, wo das Thema des
voranstehenden Satzes das Rhema des Folgesatzes bildet usw.; weiter kommen in
den Fachtexten solche Thema/Rhema-Strukturen vor, bei denen an das sog. gespaltene
Thema verschiedene fortschreitende oder verbleibende Thema/Rhema-Strukturen
angehängt werden (vgl. ROELCKE, 1999,
94-95).
Zu den weiteren wichtigen
Momenten der Mikrostruktur von Fachtexten gehören die folgenden Verfahren: einfache
Wiederholung, Gebrauch von Pro-Formen, Transformierende Wiederholung,
Paraphrasierung, Gebrauch von Synonymen, Gebrauch von Hyponymen und Hyperonymen
und Gebrauch von Antonymen (vgl. ROELCKE, 1999, 98).
2.3. Weitere Texteigenschaften
Zu den weiteren Textmerkmalen, die wir
behandeln möchten, gehören die oben erwähnten charakteristische Eigenschaften
der Texte: Intentionalität,
Akzeptabilität, Informativität, Situationalität, Intertextualität und
Objektivität (vgl. ebd.).
Die Intentionalität von Fachtexten besteht darin, dass der
Textproduzent mit dem entsprechenden Text das Ziel verfolgt, einem Rezipienten
bestimmte Sachverhalte darzustellen.
Die Akzeptabilität liegt in der Erfüllung der kommunikativen
Anforderungen des Rezipienten innerhalb der fachlichen Kommunikation. Dieser
Punkt finden wir anregend: z.B. im Falle von Gebrauchsanleitungen und anderen
Instruktionstexten hängt das tatsächliche Verstehen durch den Rezipienten
weitgehend von seinen (technischen) Vorkenntnissen ab.
Die Informativität des Fachtextes hängt mit der fachlichen und
sprachlichen Kompetenz des Rezipienten zusammen; bei der hohen Kompetenz ist
sie gering, bei geringer Kompetenz dagegen hoch.
ROELCKE unterscheidet im Hinblick
auf die Situationalität der
Fachtexte vier Gesichtspunkte: erstens der Fachbereich in seiner horizontaler
und vertikaler Einordnung und somit die spezifische Information oder
Instruktion des fachlichen Text selbst; zweitens geht es in diesem Zusammenhang
um die situative Abhängigkeit der Fachtexte von der fachlichen und sprachlichen
Produktions- und Rezeptionskompetenz. Drittens tragen auch sprachliche und
semiotische Erscheinungen zur Situationalität von Fachtexten bei, hierher
gehört die Unterscheidung zwischen schriftlicher und mündlicher Kommunikation,
die Wahl der Textsorte. Und viertens gehört auch der außersprachliche Kontext
zu den situativen Bedingungen fachlicher Kommunikation.
Die Intertextualität von Fachtexten besteht darin, dass andere Texte
oft wörtlich oder sinngemäß im gegebenen Fachtext wiedergegeben werden. Darüber
hinaus steht jeder Fachtext in der Tradition zahlreicher anderer Fachtexte.
Das letzte charakteristische
Merkmal von Fachtexten – deren Objektivität
– muss man eher nur für relativ gültig halten: die Objektivität
fachsprachlicher Äußerungen hängt mit von den Menschen ab, die sie produzieren
und dabei in zahlreichen kulturgeschichtlichen Zusammenhängen verankert sind. Die
Relativität der Objektivität der Fachtexte haben wir schon im Zusammenhang mit
der darwinschen Metapher erwähnt.
Der
Fremdsprachenunterricht stützt sich seit je auf die Arbeit mit Texten; sie
stellen nicht nur die Grundlage für das Leseverstehen, sondern auch eine
Vorlage für das selbständige Sprechen und Schreiben, und nicht zuletzt stellen
sie eine Quelle der Erkenntnis des Zielsprachenlandes dar. In der moderneren
Geschichte des Fremdsprachenunterrichts wurden jedoch echt unterschiedliche
Texttypen benutzt. Im ausgehenden XIX. Jh., d.h. als die Grammatik-Übersetzungs-Methode
(HEYD, 1991, ff) die vorherrschende Methode des Fremdsprachenunterrichts war,
waren es vor allem die literarischen Texte, mit Hilfe deren nicht nur die
Fremdsprache, sondern auch die gesamte Kultur des Zielsprachenlandes den
Schülern vermittelt wurde (vgl. NEUNER/ HUNFELD, 1993, 19 ff.). Später gewinnt
allmählich an Intensität die Tendenz, nicht mehr mit den literarischen sondern
mit den sog. „authentischen“ Texten zu arbeiten. Länge Zeit – als die direkten
und audiolingualen, bzw. audiovisuellen Methoden ausschlaggebend waren – war
der grundlegende Texttyp des Fremdsprachenunterrichts der sog. Allzwecktext,
der vor allem als eine gewisse „Illustration“ der entsprechenden Grammatik
diente; zu den Zwecken der Konversationsunterricht war auch die sog.
„Lehrbuchfamilie“ beliebt, d.h. dass in den einzelnen Lehrbuchtexten immer die
Mitglieder einer Familie auftraten.
Erst als die
kommunikativ-pragmatische Methode die wichtigste Methode des
Fremdsprachenunterrichts zu sein begann, tauchen im Fremdsprachenunterricht die
Texte auf, denen unsere Aufmerksamkeit gilt, d.h. die Sachtexte. Zugleich mit
der Entwicklung der Textlinguistik wächst die Bemühung den Schülern auch die
allgemeinen Regeln im Hinblick darauf vorzustellen, was es eigentlich ein Text
ist, welche sind seine Bausteine und wie ein Text funktioniert. Angefangen hat
man mit echt einfachen Texten: z.B. Kochrezepten, Fahrplänen, kurzen
Anleitungen, Überschriften usw., diese einfachen Sachtexte sind auch später
beliebt geblieben, denn man kann mit ihnen schon im Anfangsunterricht arbeiten
und zugleich verfügen sie über alle Textmerkmale. Später sind auch die
publizistischen Texte populär geworden. Man kann etwa übertrieben sagen, dass
die heutigen Fremdsprachenlehrbücher wie Sammlungen von verschiedensten
Prospekten, Zeitungsartikeln und anderen Sachtexten aussehen, und die
Grammatik versteckt sich irgendwo am
Rande.
Nachdem
wir die Geschichte der Sachtexte im Fremdsprachenunterricht vorgestellt hatten,
möchten wir nun etwas mehr zu diesen Texten in DaF sagen: es liegt auf der
Hand, dass für den wirksamen Fremdsprachenunterricht die Wahl eines richtigen
Textes von Wichtigkeit ist. Es ist also angebracht, Kriterien für Beurteilung
der Sachtexte festzulegen; ich gehe hier vom D. Urbans Werk Text-Design
aus. D. Urban legt drei Punkte fest, welche bei der Beurteilung des Sachtextes
beachtet werden sollten: Form, Inhalt und Resonanz. „Diese
drei Kriterien bestimmen Verständlichkeit und Rezeptionsfreundlichkeit.“
(URBAN, 1982, 62). Für die Form ist die Qualität der Syntax – d.h. die Klarheit
der Formulierung und des Aufbaus, auch der Inhalt muss klar formuliert sein;
unter der Resonanz wird Effektivität oder dagegen Wirkungslosigkeit verstanden
(vgl. URBAN, 1982, 64).
Neben diesen Beurteilungskriterien, die – man kann sagen – allgemeine
Gültigkeit im Hinblick auf Texte haben, gibt es bei der Beurteilung der
Qualität eines Sachtextes Momente, die für den Fremdsprachenunterricht von
Belang sind: hierher gehört zunächst die Adäquatheit des betreffenden Textes
für den gegebenen Unterrichtszweck, der Lehrer sollte im Bezug auf die Frage
der Adäquatheit des entsprechenden Textes das Lernziel, die Länge des Textes aber
auch die angenommene Einstellung der Schüler zu diesem Text erwägen. Für die
Einwirkung des Textes in Daf sind nämlich auch außersprachliche Momente
wichtig: z.B. das Alter der Schüler, das Niveau ihrer Sprachkenntnissen, ihre
Interesse, Ausbildung usw., daneben sind auch weitere Texteigenschaften
maßgebend: z.B. sein Thema, seine Textsorte und nicht zuletzt auch sein Stil
und Umfang. Alle genannten Textmerkmale und Gegebenheiten sollte der Lehrer bei
der Wahl des geeigneten Textes für den Fremdsprachenunterricht im Auge behalten.
Schließlich möchte ich noch einer Bemerkung zur Rolle gerade von den
Sachtexten in Fremdsprachenunterricht machen: diese Texte sind aus mehreren
Gründen für den Fremdsprachenunterricht besonders geeignet: erstens verfügen
sie über alle Textmerkmale, was sowohl für das Leseverstehen wie auch für das
Trainieren von Schreiben und Sprechen benutzt werden kann, zweitens sind sie
praktisch und für die Schüler unmittelbar zu gebrauchen – jeder muss z.B. ab
und zu einen fremdsprachigen Fahrplan, oder eine Fremdsprachliche
Gebrauchsanleitung verstehen. Und nicht zuletzt kann man mit Hilfe dieser Texte
sehr gut einige kulturelle Unterschiede zwischen der Kultur der Muttersprache
und der der Zielsprache demonstrieren, denn es gibt in jeder Kultur im Hinblick
auf die Sachtexte spezifische Konventionen.
Zum Schluss meines Beitrags zur
Problematik der Sachtexte, bzw. Fachtexte gestatten Sie mir, bitte, noch ein
Paar Worte zur Stellung der Sachtexte so zu sagen in der Geschichte zufügen. Es
geht mir nicht darum, die Geschichte der Sachtexte verfolgen zu wollen, sondern
umgekehrt ihre Rolle in der Geschichte, d.h. ihre Rolle als Zeugen der Zeit
kurz darzustellen.
Am Anfang haben wir Sachtexte im
Gegensatz zu den literarischen Texten festgelegt. Niemand zweifelt daran, die
Literatur sei ein spezifisches Zeugnis der Zeit, es ist einer der Aufgabe der
Literaturgeschichte den Zusammenhang gerade zwischen diesem Zeugnis der Zeit
durch die Literatur und der Geschichte zu beleuchten. Die Literatur stellt
jedoch immer ein individuelles, d.h.
subjektives Zeugnis der Zeit dar, im Gegensatz dazu besteht dass
eigentliche Spezifikum der Sachtexte darin, dass sie – wir könnten etwas
übertriebe sagen – den Zeitgeist objektiv
darzustellen vermögen. Dies hängt damit zusammen, dass sie den praktischen
Zwecken – in der Verwaltung, dem ökonomischen Bereich, ev. in der Publizistik –
dienen und auf dieser Weise das alltägliche Leben der jeweiligen Zeit
illustrieren. Die Stellung der Publizistik ist allerdings spezifisch, denn sie verweist gemeinsame Züge
sowohl mit den Sachtexten, wie auch mit den narrativen Genres der Belletristik.
Eine genauere Unterscheidung der Sachtexte von den publizistischen Textsorten
oder eventuelles Festsetzen ihrer charakteristischen Züge würden allerdings den
Rahmen dieses Artikels überschreiten. Das Zeugnis der Zeit in den Sachtexten kann
sehr aussagekräftig sein; es hängt mit ihrer Objektivität zusammen, sie sind
keine Kommentare zu den Geschehnissen, sie sind – metaphorisch gesagt – die
stummen Zeugen, dessen Aussage sehr durchschlagend ist.
Als ein sehr beeindruckendes
Beispiel der Sachtexte, die gerade mit der Absicht gesammelt worden waren, das
Zeugnis der Zeit, die keineswegs gut war, anzubieten, machen wir auf die umfangreiche Sammlung von
H.G. ADLER Der verwaltete Mensch aufmerksam. Der Autor war da bemüht
an Hand von zahlreichen Texten aus dem Bereich der nazistischen Verwaltung jene
grausame Zeit praktisch ohne eigenen Kommentar vorzustellen. Es ist ihm sehr
gut gelungen und das Ergebnis ist ein erschütternder Bericht über Grauen jener
Zeit, der – gerade dank der Objektivität der gesammelten Sachtexte, welche
originelle Dokumente und keine
Beschreibungen, bzw. Stellungnahmen der späteren Zeit sind – viel
eindrucksvoller ist als manche blutige Schilderungen, oder Zeugnisse der
schöngeistigen Literatur.
Wir waren in unserem Beitrag bemüht
zuerst den Begriff der Sach- bzw. Fachtexte festzulegen, dann ihre Stellung im
Rahmen der Linguistik vorzustellen, ihre spezifischen Züge unter dem
Gesichtspunkt der Textlinguistik zu nennen, ihre Rolle in DaF darzustellen und
schließlich ihre Rolle als Zeugnisse der Zeit kurz zu skizzieren
LITERATUR:
ADLER, Hans Georg (1974): Der
verwaltete Mensch, Tübingen.
BÜHLER, Karl (1935):
Sprachtheorie, Jena.
BENEKE, Jürgen (1988): Metaphorik
in Fachtexten. In: ARNETZ, Reiner (Hrsg.): Textlinguistik und Fachsprache,
Hildesheim.
FRANZ, Ursa (1997): Hintergrund
und Vordergrund in der erinnerten Welt,
München.
HEYD, Gertraude (1991): Deutsch
lehren, Frankfurt am Main.
LAKOFF, George& JOHNSON,
Mark (1980): Metaphor we live by,
NEUNER, Gerhard & HUNFELD, Hans (1993): Methoden des fremdsprachlichen
Deutschunterrichts. Eine Einführung, Kassel.
ROELCKE, Thorsten (1999):
Fachsprachen, Berlin.
URBAN, Dieter (1987): Zur
Gestaltung bildsprachlicher Kommunikation, München.
WERLICH, Egon (1971): Wörterbuch
der Textinterpretation. Dortmund
Bibliografický údaj: MIKULOVÁ, A. Sachtexte in der Linguistik und in Daf.
In KORÈÁKOVÁ, Jana, BEYER, Jürgen (eds.) Königgrätzer
Linguistik- und Literaturtage Hradec Králové: Gaudeamus, 2003. s.
338 - 346.