PhDr. Jiøina Malá, CSc.
Department of Germanic, Nordic and Dutch
Studies
Institut für Germanistik, Nordistik
und Nederlandistik
Frazeologizmy jako stylistické
prostøedky
Idioms as Style Elements
Klíèová slova:
Frazeologie, frazeologizmus, idiom, kolokace, stylové prvky, konotace, expresivita,
obraznost, metafora, metonymie, syntaktické figury.
Annotation: Der Aufsatz
beschäftigt sich mit Phraseologismen als
sprachliche Bilder und ihren stilistischen Funktionen. Er macht zunächst auf
die uneinheitliche Klassifikation der Phraseologismen aufmerksam, die sich auf
die Verwendung der Phraseologismen als Stilmittel auswirkt. Zum Schluss werden
Beispiele aus einer Filmrezension angeführt, wo die Phraseologismen als Mittel
der Emotionalität und Expressivität ausgenützt werden.
Anotace: Èlánek se zabývá frazeologizmy
jako obraznými, názornými a expresivními stylistickými prostøedky. Upozoròuje
na nejednostnost v klasifikaci frazeologizmù a na rozdílnost jednotlivých
frazeologizmù jako stylistických prostøedkù. Závìrem jsou uvedeny pøíklady z
filmové recenze, kde jsou využívány tyto stylistické prostøedky ke zvýšení expresivity a
emocionality.
Die Phraseologie als linguistische
Teildisziplin bildet einen festen Bestandteil der Lehrpläne in der Germanistik.
Am Institut für Germanistik und Nordistik in Brno wird sie nicht nur im Rahmen
der Lexikologie behandelt, sondern
auch als eine selbständige Disziplin in den Lehrveranstaltungen „Einführung in
die Phraseologie“ und „Phraseologie in
Texten“ den Studenten angeboten. Nicht
zuletzt wird den Phraseologismen als Stilmittel auch im Fach Stilistik
große Aufmerksamkeit gewidmet.
Die Bedeutung der Phraseologie als
linguistische Teildisziplin für die Studierenden ergibt sich vor allem daraus,
dass es auf der fortgeschrittenen Stufe unumgänglich ist, die Phraseologismen
und Idiome in einem Text nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verstehen und schließlich auch
selbständig zu verwenden, wie es R.
HESSKY in Anlehnung an den „phraseodidaktischen Dreischritt“ von P. KÜHN
erwähnt.[1]
Die Phraseologie und Idiomatik stellen
„die hohe Schule der Sprachfertigkeit“ dar und ihre theoretische und
praktische Bewältigung sei unerlässlich
(vgl. PALM, 1995, XI), was sicher auch hohe Ansprüche an die Lehrenden sowie
Lernenden stellt.
Zu den wichtigsten Schwerpunkten der
linguistischen Teildisziplin Phraseologie
gehören die Definition des Begriffs Phraseologismus, die Charakterisierung der
Phraseologismen anhand ihrer prägenden Merkmale, zu denen die Polylexikalität,
Stabilität/Festigkeit, Lexikalisierung/Reproduzierbarkeit und Idiomatizität
gehören, und die Klassifikation von
Phraseologismen. Unter Phraseologismen werden feste Wortgruppen verstanden,
also Ausdrücke, die aus mehr als einem Wort bestehen. Die Bedeutung dieser
Kombination von Wörtern ist den Muttersprachlern genau in dieser Reihenfolge
bekannt, ähnlich wie die Bedeutung der Einzelwörter, bekannt kommen ihnen auch
die Variationen vor, z.B. jmdm. kein
Haar/niemandem ein Haar/Härchen krümmen (können) (vgl. BURGER, 1998, 11). Bei Nicht-Muttersprachlern ist die Situation
komplizierter, besonders bei der Subgruppe der Idiome, wo der Lernende manchmal
nicht unterscheiden kann, ob es sich um ein Idiom oder einen ad hoc gebildeten
metaphorischen oder metonymischen Ausdruck handelt. (vgl. DOBROVOL´SKIJ, 1995,
16). Deshalb ist es so wichtig, das
phraseologische Lexikon den Lernenden zu vermitteln, sowie theoretisch als auch
praktisch anhand von verschiedenartigen Übungen. Das Fach Phraseologie im
Hochschulstudium sollte sich das Ziel setzen, nicht nur das phraseologische
Minimum anzubieten, sondern ein phraseologisches Optimum anzustreben. (vgl.
PALM, 1995, XI).
Den Ausgangspunkt für die Aufbereitung des
phraseologischen Materials bildet die Klassifizierung der Phraseologismen. Im Laufe der durch das erhöhte Interesse
geprägten Entwicklung in der Phraseologieforschung wurden zahlreiche Versuche
unternommen, das phraseologische Material zu klassifizieren. Es soll hier nicht
auf die einzelnen Auffassungen der Phraseologieforscher eingegangen werden, um
die jeweiligen Klassifikationsvorschläge zu vergleichen, sondern nur eine
Gliederung der Phraseologismen präsentiert werden, die sich im Unterricht zu
bewähren scheint und von der aus man auch das Übungsmaterial aufbereiten und auf die stilistischen Aspekte der
einzelnen Gruppen von Phraseologismen aufmerksam machen kann.
Die Klassifikationskriterien lassen sich auf
Grund von charakteristischen phraseologischen Merkmalen, der Idiomatizität und der Stabilität aufstellen, wobei die
Idiomatizität das semantische Kriterium und die Stabilität das
strukturell-semantische Kriterium darstellen würden.
Es gilt dabei, dass
der Begriff Phraseologismus als Oberbegriff alle Arten von festen Wortgruppen
einschließt, d.h. jener Wortverbindungen, die mindestens aus zwei Wörtern
bestehen, die obere Grenze ist offen, es kann sich auch um Sätze oder kleine
Texte handeln (satzgliedwertige und satzwertige Phraseologismen). Heutzutage
setzt sich als entscheidendes Kriterium für die Einteilung der Phraseologismen
die Idiomatizität durch. Die
Wortverbindungen, die schwach, kaum oder gar nicht idiomatisch im Sinne von
übertragener Bedeutung oder Bildkräftigkeit sind, werden als Kollokationen bezeichnet. Zu den Kollokationen gehören neben festen
Wortverbindungen wie z.B. sich die Zähne
putzen vor allem Funktionsverbgefüge:
Maßnahmen treffen, etw. in Frage stellen; feste Syntagmen: in Bezug auf
etw., Modellbildungen: Schritt für Schritt, von Stadt zu Stadt; onymische
Phraseme: der Ferne Osten; phraseologische Termini: mildernde
Umstände (juristische Fachsprache) oder in
Konkurs gehen (Wirtschaftssprache) und auch durchsichtige komparative Phraseme: fleißig wie
eine Biene, obwohl bei den drei letzt genannten Gruppen auch Wendungen mit
stärkerer Idiomatizität vorkommen können. Es ist wichtig, auf die Bedeutung der
Kollokationen die Studenten aufmerksam zu machen, weil diese oft vernachlässigt
werden und bei der Übersetzung Schwierigkeiten bereiten können. Feste
Wortgruppen, die ein gewisses Maß an Idiomatizität aufweisen, bilden die
umfangreiche und in sich überhaupt nicht homogene Gruppe der Idiome. [2]
Bei der Klassifizierung der Phraseologismen erweist sich als eine
mögliche Basis das Modell von Kern- und Randbereichen der Phraseologie von H.
H. LÜGER (1999, 48ff), das an das Konzept von Zentrum und Peripherie (z.B.
FLEISCHER, 1982 u.a.) anknüpft.
Zum Kernbereich der Phraseologie
gehören die Idiome, die
die zentrale Kategorie darstellen und
nach verschiedenen Kriterien noch weiter eingeteilt werden können, z.B.
in grammatischer Hinsicht in substantivische, adjektivische, verbale u.a.
Nominationseinheiten. Semantisch lassen sie sich als teil-idiomatische (blinder Passagier) oder voll-idiomatische (Fersengeld geben) Wortgruppen charakterisieren Auch die Motivation spielt hier eine wichtige
Rolle, so dass noch weitere Abstufungen möglich sind:
a) vollidiomatisch/unmotiviert, z.B. bei jmdm. einen Stein im Brett haben, in die
Binsen gehen
b) idiomatisch/bildhaft motiviert, z.B. jmdm. den Kopf waschen, jmdn. vor die Tür
setzen.
In diesem Bereich befindet sich der
Ansatzpunkt für die sprachlichen Bilder wie Metapaher, Metonymie, Synekdoche
u.a.
c) teilidiomatisch/teilmotiviert, z.B. einen Streit vom Zaune brechen, Blut und
Wasser
schwitzen – eine
Komponente behält ihre wendungsexterne Bedeutung.
d) nichtidiomatisch/direkt motiviert,
z.B. zur Durchführung gelangen.
Diese Phraseme gehören nicht mehr zu
Idiomen, sondern zu Kollokationen/FVG.
(vgl. LÜGER, 1999, 15f).
In den Kernbereich der Idiome gehören nicht nur verbale, sondern auch nominale
Wortverbindungen, die meistens die Struktur Adjektiv + Substantiv aufweisen und in Bezug auf
die Idiomatizität und den Funktionsbereich verschiedenartig aufzufassen sind.
Wortgruppen wie roter Faden oder schwerer Junge weisen einen hohen Grad
an Idiomatizität auf, während phraseologische Termini oder onymische Phraseme (einstweilige Verfügung, Kleine Antillen)
eher in den Bereich der nicht idiomatischen Kollokationen gehören.
Auch phraseologische
Vergleiche und Paarformeln sind in den
Kernbereich der Idiome zu integrieren. Frieren wie ein Schneider, daliegen wie ein
geprellter Frosch („erschöpft“), jmd. redet, wie ihm der Schnabel gewachsen
ist („natürlich, ohne Scheu“), dümmer, als die Polizei erlaubt („sehr dumm“),
jmd. tut, als hätte er die
Weisheit mit Löffeln gefressen („überheblich sein“) (vgl. FLEISCHER, 1997,
103f), das sind nur einige Beispiele, die die strukturelle und semantische
Vielfältigkeit der Vergleiche
illustrieren.
Paarformeln/Zwillingsformeln
erwecken ebenso die Aufmerksamkeit der Lernenden, nicht nur durch ihre
charakteristische Struktur: die Verbindung zweier (selten dreier) Wörter der
gleichen Wortart (Substantive, Adjektive Adverbien, Verben, sogar
substantivierte Präpositionen oder Interjektionen) durch (vorwiegend) die
Konjuktion und, sondern auch durch
ihre Semantik. Bei den Wortpaaren kann
es sich um Synonyme handeln, die zur Ausdrucksverstärkung beitragen: Hab und
Gut – „Besitz“, kurz und bündig –
„auf eine kurze Formel gebracht“, hegen
und pflegen – „sorgfältig pflegen“; nicht selten stehen die Komponenten
auch in der antonymischen Beziehung, z.B. auf
Gedeih und Verderb – „auf Glück und Unglück, bedingungslos“. Zur
Attraktivität der deutschen Paarformeln tragen auch die Alliteration bei, z.B. Feuer und Flamme sein – „sehr begeistert
sein“ oder der Endreim: außer Rand und
Band (sein/geraten) – „übermäßig ausgelassen sein“. (vgl. FLEISCHER, 1997,
106ff). Die Skala der Idiomatizität bei
den Wortpaaren ist breit: von kaum idiomatischen (dick und fett) über teil- (klipp
und klar) bis zu vollidiomatischen (gang
und gäbe – „üblicherweise“) (vgl. BURGER 1998, 43f).
Eine problematische Gruppe der Idiome
stellen die phraseologischen Teilsätze
dar. Sie zeichnen sich durch andere Strukturen als die verbalen Idiome aus, es
geht um Phraseologismen mit Nebensatzstruktur, z.B. wissen, wo Barthel den Most holt – „alle Schliche kennen, sehr
findig sein“; nicht wissen, wo einem der Kopf steht – „völlig ducheinander
sein“; bleiben sollen, wo der Pfeffer wächst – „sich fernhalten sollen,
nicht gern gesehen werden“, wenn Ostern
und Pfingsten auf einen Tag fallen – „niemals“. Zu dieser Gruppe ließen
sich auch festgeprägte prädikative
Konstruktionen rechnen, wie z.B. der
Wind dreht sich – „die Situation ändert sich“, etw. pfeifen die Spatzen von den Dächern – „etw. ist allgemein bekannt“ u.a. (vgl. FLEISCHER, 1997,
100f). Diese idiomatischen Wendungen bilden einen Übergang zu den festen Phrasen, d.h. zu
satzwertigen Phraseologismen des Typs Das
schlägt dem Fass den Boden aus! – „jetzt ist genug, das ist der Gipfel der
Frechheit“, die widerum eine Übergangszone zu dem umfangreichen Bereich der Parömiologie, also zu dem Bereich
der Sprichwörter, Zitate, gelfügelter Worte, Aphorismen und verschiedenartigen
Anspielungen, darstellen.
Noch eine wichtige Untergruppe der
Phraseologismen ist nicht zu unterschätzen: die pragmatischen Phraeologismen (kommunikative Formeln). Es ist sehr wichtig, dass die Studenten solche
Gruß- und Kontaktformeln wie z.B. Mach´s gut! Hals- und Beinbruch!, aber
auch Fluch- und Stimulierungsformeln wie Verflixt
und zugenäht! Na, wird´s bald? Schwamm drüber! usw. verstehen und beherrschen, weil es
besonders die alltägliche Kommunikation
erleichtert.
Jede oben erwähnte Gruppe der Idiome ist für die Studierenden
von großem Interesse und bildet den Ausgangspunkt für die Auswahl von Übungen.
Als Übungsbücher im Unterricht bewähren sich z.B. Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch für Fortgeschrittene
von R. HESSKY/S. ETTINGER und das Übungsbuch von B. WOTJAK sage und schreibe. Deutsche Phraseologismen
in Theorie und Praxis.[3] Bei allen Übungstypen wird große
Aufmerksamkeit den einzelnen Äquivalenztypen
gewidmet, d.h. bei jedem Phraseologismus wird danach gestrebt, die tschechische
Entsprechung zu finden. Es ist selbstverständlich einfach bei volläquivalenten Phrasemen, bei
teiläquivalenten bereitet es den Studenten einige Schwierigkeiten, z.B. wie die Made im Speck leben – žít si jako prase v žitì („wie ein Schwein im Roggen leben“). Die größten Probleme
kommen jedoch bei den nicht äquivalenten Idiomen vor, die meistens im Deutschen
noch unikale Komponenten enthalten und unmotiviert sind, z.B. Kohldampf schieben, bei jmdm. ins
Fettnäpfech treten.
In den Seminaren „Einführung in die
Phraseologie“ und „Phraseologismen in Texten“ wird versucht, alle oben
erwähnten Gruppen der Phraseologismen anhand von Übungen zu erfassen. Den
stilistischen Aspekten der Phraseologismen
widmet man sich in den Seminaren zur Stilistik, speziell in den Kapiteln
über die lexikalischen Stilelemente und Stilfiguren.
Die Phraseologismen gehören zu lexikalischen
Stilelementen, die stilistischen Funktionen der einzelnen Phrasem-Typen sind
jedoch unterschiedlich.
Vom stilistischen Standpunkt aus spielen die Idiome die größte Rolle. Die idiomatischen Wortgruppen (verbale, nominale Idiome, Vergleiche,
Paarformeln, feste Phrasen) eignen sich besser als freie Lexemverbindungen
zur Verständigung über Dinge des Alltagslebens, weil sie treffender, griffiger
und aussagekräftiger empfunden werden, also eine expressive Wirkung besitzen
(vgl. DIETZ, 1999, 2). Sie werden demzufolge häufig im Kommunikationsbereich
des Alltags, aber auch im KB der Massenmedien und der Belletristik (Epik) verwendet, und an Textsorten aus diesen KBen
auch untersucht und ermittelt. Als
grundlegende Texstorten dienen dabei Alltagsdialoge (H/E) und publizistische
Textsorten, besonders Kommentare,
Rezensionen, Reportagen und Features,
die eine Mischform aus Bericht,
Kommentar und Reportage darstellen. Bei einigen publizistischen Textsorten
(z.B. Bericht) besteht jedoch die
Gefahr, dass die Idiome zur Klischeehaftigkeit beitragen, abgegriffen und
abgedroschen wirken könnten. Das ist auch bei den epischen Texten aus der
Trivialliteratur (Frauenromane, Krimis, Sci- fi) der Fall. So kann man
einerseits diese Tendenzen feststellen, andererseits weist die Anwendung von
Idiomen einen hohen Grad an Kreativität und Originalität auf. Sehr gut geeignet
für die stilistische Analyse sind auch Werbetexte, wo man jedoch mit
zahlreichen Variationen und Modifikationen des phraseologischen Materials
rechnen muss.
Die Idiome sind deswegen stilistisch so wirksam, weil sie verschiedene
Konnotationen
aufweisen.
Bei Idiomen gehören die Konnotationen noch mehr als bei Einzellexemen zur
Gesamtbedeutung hinzu, die phraseologische Nomination ist vorwiegend eine
expressiv-wertende, konnotative, keine rationelle. Die Idiome spiegeln
Wertungen der Einzelsprecher sowie der Sprachgemeinschaft wider, stellen also
etwas Emotionales, Expressives dar. Es sind sozial sanktionierte Ausdruckmittel
der Sprache, denn der Sprecher orientiert sich annähernd an den gleichen,
pluralistischen sozialen und ethischen Werten. (vgl. HESSKY, 1992, 88).
Die konnotativen Markierungen betreffen in erster Linie die kommunikative Ebene des
Phrasemgebrauchs, die Idiome können verschiedenen Stilschichten angehören. Im
Unterschied zu Einzellexemen, für die
die neutrale Ebene maßgebend ist, gehört
die Mehrheit der Idiome der umgangssprachlichen
Stilschicht an, z.B. jmdm. ist eine
Laus über die Leber gelaufen/gekrochen – „jmd. ist über etw. verärgert“.
Auch die saloppe oder sogar derbe/vulgäre Stilschicht sind in der
Idiomatik vertreten: die Sau rauslassen –
„sich hemmungslos gehenlassen“.
Andererseits können die Idiome auch gehoben/bildungssprachlich
markiert werden: den bitteren Kelch
bis zur Neige leeren (müssen). Die Idiome werden auch weiter nuanciert, sie
weisen verschiedene emotionale
Stilffärbungen auf: scherzhaft: Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich.;
euphemistisch: Tüten kleben – „im Gefängnis sitzen“; ironisch: etw. passt wie die Faust aufs Auge – „etw. passt
überhaupt nicht“; abwertend/pejorativ: im trüben fischen – „unklare Zustände zum eigenen
Vorteil ausnutzen“ oder anerkennend: mit
jmdm. Pferde stehlen können.
Die Konnotierung betrifft auch die soziale, zeitliche und regionale Gebundenheit der Idiome.
Markant unterscheidet sich die Idiomatik der Jugendsprache, z.B. Ich glaub´, mich laust ein Affe. –
„Überraschung“; keinen/keinerlei/null
Bock haben – „keine Lust haben“; eine Schnecke angraben – „ein Mädchen
kennenlernen“. Die Zeitgebundenheit des
Idiomgebrauchs kommt einerseits in Archaismen,
andererseits in Neologismen zum
Ausdruck. Altertümelnd wirken schon zielmlich viele Idiome, z.B. den Bund der Ehe eingehen – „heiraten“
oder Zitate (geflügelte Worte) historischer oder literarischer Persönlichkeiten
aus früheren Epochen, z.B. Daran erkenne
ich meine Pappenheimer. (Schiller, Wallenstein). Neue Idiomatik enthält vor
allem Anglizismen, z.B. ganz down sein. Die
regionale Gebundenheit des Phrasemgebrauchs betrifft die Idiome aus
verschiedenen deutschsprachigen Gebieten, z.B. etw. aus Daffke tun – „aus Trotz, nur so“ – berlinisch. Ein selbständiges
Kapitel bilden die österreichischen Idiome, z.B. ein (kein) Leiberl haben – „(keine) Chance haben“.[4]
Die umg., salopp oder derb konnotierten
Idiome sowie Idiome mit scherzfhafter, ironischer, verhüllender, pejorativer
u.a. Stilfärbung sind in der Alltagskommunikation, in den Massenmedien sowie in
der Belletristik sehr oft anzutreffen. Sie tragen als Mittel des Humors und der
Satire zur Expressivitätssteigerung bei, rufen den Eindruck besonderer
Anschaulichkeit hervor. Ihre Charakterisierung im Kontext als „treffend“
bedeutet, dass sie leichter sinnlich erfassbar
sind als eine längere Umschreibung oder ein Einzelwort. (vgl. FMS, 1993,
151).
Ein anderes stilistisches Gebiet, wo die Idiome eine wichtige Rolle spielen,
sind die sprachlichen Bilder, also
sprachliche Erscheinungen auf Grund von Vergleich, metaphorischen und
metonymischen Übertragungen und Periphrasen, also die klassischen rhetorischen
Tropen und Figuren. Den häufigsten Tropus stellt die Metapher dar. Als
Metaphern, Metonymien (Synekdochen) treten nicht nur feste Wortgruppen, sondern
auch Einzelwörter und Komposita auf (Konzertflügel),
die Idiome als Metaphern oder Metonymien kommen jedoch sehr oft vor. Die Metapher stellt einen Sprungtropus auf
Grund der Analogie (zu Grunde liegt ein tertium
comparationis) dar, im Unterschied zur Metonymie, die eine Ersatzrelation
in der semantischen Nähe repräsentiert (von der „eigentlichen“ Bedeutung zu
einem Aspekt, der in realer Beziehung zum Ausgangspunkt steht). (vgl. DIETZ,1999,
47ff).
Die metaphorischen Idiome werden sehr oft
verwendet, z.B. den Nagel auf den Kopf
treffen – „den Kernpunkt einer Sache erfassen“ oder der Stein des Anstoßes – „die Ursache eines Ärgernisses“ kommen in Bezug auf die entsprechenden
Situationen im Alltag, in der Publizistik oder in der Belletristik vor. Auch
der Metonymie und besonders ihrer Sonderart Synekdoche (pars pro toto, totum pro parte) begegnet man oft in den oben
erwähnten KBen, z.B. den Hals in die Schlinge stecken – „sich in Gefahr begeben, sein Leben
riskieren“. Die Idiome können auch als
Sonderarten der Metapher auftreten: als Litotes: nicht von schlechten Eltern sein – „von guter Qualität sein“, als Hyperbel (Übertreibung):
Geld wie Heu, jmdm. ein Loch/Löcher in
den Bauch reden/fragen, also drastische Metaphern, die mit der
Verstümmelung des menschlichen Körpers zusammenhängen (vgl. DIETZ, 1999,
221ff), als Euphemismen für verschiedene Tabus (Krankheiten, Tod, Sexualität,
Alkoholismus), z.B. die Augen für immer
schließen, zu tief ins Glas schauen, vom anderen Bahnsteig sein (Homosexualität)
und als Ironie: etw. passt wie die Faust
aufs Auge - „etw. passt überhaupt
nicht“. Hier überschneiden sich die
Bereiche der Konnotationen und der sprachlichen Bilder.
Als syntaktische Stilfiguren kommen die
Idiome z.B. als Figuren der
Entgegensetzung vor: als Oxymoron die nominalen Idiome: ein offenes Geheimnis, ein weißer Raabe, beredtes Schweigen, als
Antithesen die Paarformeln Himmel und
Hölle, weder Fisch noch Fleisch, auf Leben und Tod. Die Paarformeln werden
auch als Wortspiele (Paronomasie oder Figura etymologica) ausgenutzt: Kopf und Kragen riskieren, Knall und Fall,
in Hülle und Fülle, wobei die
Alliteration oder der Stabreim zur Geltung kommen. Als Figuren der Auslassung lassen sich vor allem
verschiedene Kommunikationsformeln charakterisieren, die als Ellipsen
auftreten: Hand ausf Herz! Hals- und
Beinbruch! oder zu Aposiopesen (Satzabbrüchen) gerechnet werden können, die
oft einer groben Ausdrucksweise ausweichen, z.B. Leck mich doch…! Ich muss mal…! [5] Der syntaktischen Figur der
Häufung, dem Zeugma,
kann man manchmal in publizistischen Texten begegnen, z.B.:
Kometen – das gilt für Hale-Bopp, der
gegenwärtig hoch am Himmel und im Kurs steht …
reißen die Menschen aus ihrer täglichen
Geschäftigkeit. (Der SPIEGEL 14/1997, 213).
Die
Wendungen hoch am Himmel stehen und hoch im Kurs stehen – „sehr viel wert
sein, sehr angesehen sein“ werden hier zusammengespannt.
Zum Schluss möchte ich kurz vorführen, wie
die stilistischen Aspekte der Phraeologismen am Text demonstriert werden. Sehr
gut eignen sich dazu publizistische Textsorten, z.B. Rezensionen, die nicht so umfangreich sind und dennoch sprachlich
sehr originell, da die Rezensenten ihre subjektiven Meinungen präsentieren. In
der vorliegenden Rezension über den amerikanischen Film „Der Eissturm“ (DER SPIEGEL 51/1997, 214) findet man neben anderen
interessanten Stilmitteln auch einige Phraseologismen, die die Expressivität
des Textes unterstützen: Paarformel weit
und breit, umg. Idiomatik: Hier wird
gelächelt, was das Zeug hält. („im höchsten Maße, mit höchstem
Einsatz“), Die Kids klauen aus Daffke;
Vergleiche: Ein Leben, kalt wie der Tod. Es
ist D. DOBROVOL´SKIJ zuzustimmen, dass die Nichtmuttersprachler schwer unterscheiden können zwischen den
metaphorischen Idiomen wie z.B. die weiße
Fahne hissen und „kühnen“ Metaphern wie die
Verunsicherung … sickert durch die Poren des weißen Establishments. Auch
Kollokationen lassen sich im Text der Rezension finden, die der Aufmerksamkeit
der Studenten nicht entgehen sollen, z.B. ein
Ritual zelebrieren, der teilnehmende Beobachter, den Schein gewahren, vertate
Zeit, verpaßte Chancen, kein Gesicht verziehen, den Respekt erweisen, ins
Gesicht schauen u.a. Abschließend sei noch auf eine Modifikation,
die durch die Erweiterung des Idioms die
Spuren hinterlassen zu Stande kommt, hinzuweisen: „… ihnen
gerade ins Gesicht zu schauen und die Spuren der Verletzlichkeit und Trauer
zu registrieren, die ihr erstarrtes Leben dort
hinterlassen haben.
Literaturverzeichnis:
BURGER,
H. (1998): Phraseologie. Eine Einführung am Beispiel des Deutschen. Berlin
DIETZ,
H.-U. (1999): Zur Bedeutung rhetorischer Elemente im idiomatischen Wortschatz
des
Deutschen. Tübingen
DOBROVOL´SKIJ,
D. (1995): Kognitive Aspekte der Idiom-Semantik. Studien zum
Thesaurus
deutscher Idiome. Tübingen
DUDEN,
Bd. 11 (1992): Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten. Mannheim,etc.
FLEISCHER,
W. (1997): Phraseologie der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen
FLEISCHER/MICHEL/STARKE
(1993): Stilistik der deutschen
Gegenwartssprache.
Frankfurt/M etc.
HESSKY,
R. (1992): Grundfragen der Phraseologie. In: ÀGEL/HESSKY (Hrsg.):
Offene
Fragen – offene Antworten in der
Sprachgermanistik. Tübingen, 77-93
HESSKY,
R./ETTINGER, S. (1997): Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und
Übungsbuch für Fortgeschrittene. Tübingen
LÜGER,
H.-H. (1999): Satzwertige Phraseologismen. Eine pragmalinguistische
Untersuchung. Wien
MALÁ, J.
(2003): Einführung in die deutsche Stilistik. Brno
PALM, C.
(1995): Phraseologie. Eine Einführung. Tübingen
WOTJAK,
B./RICHTER, M. (1994): sage und schreibe. Deutsche Phraseologismen in
Theorie und Praxis. Leipzig
Pøíspìvek
byl pøednesen jako referát na konferenci GESUS (Gesellschaft für Sprache und
Sprachen) v Szombathely, Maïarsko, 12.-14.5.2004
(v tisku)
[1] Vgl. HESSKY, R./ETTINGER, S. (1997, XXXVI)
[2] Die Einteilung in Kollokationen und Idiome vgl. z.B. bei D. DOBROVOL´SKIJ 1995, 19-20; H. BURGER 1998, 38; H.H. LÜGER 1999, 27; HARRAS/PROOST 2002, 169-171.
[3] HESSKY/ETTINGER (1997): Deutsche Redewendungen. Ein Wörter- und Übungsbuch für Fortgeschrittene, Gunter Narr Verlag Tübingen; WOTJAK, B.: sage und schreibe. Deutsche Phraseologismen in Theorie und Praxis. Leipzig 1993
[4] Zu der Problematik der Konntotationen vgl. weiter W. FLEISCHER, 1997, 198ff; C. PALM, 1995, 17ff.
[5] Die Beispiele wurden von H.-U. DIETZ (1999) übernommen.